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Passio hominis

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Der Titel befremdet. Man hat Passio Domini im Ohr, Passio secundum… Und ist nicht die Passion etwas, was mit dem Herrn zu tun hat, sakrosankt? Oder nachvollziehbar, einer Nachfolge wert?

Mit solchen und ähnlichen Gedanken kommt in der Karwoche das Fernsehen in jedes Haus. Und doch sollte man es sich an- sehen:

Denn dieser Film zeigt, daß die Passio noch immer stattfindet: Nicht nur in Vietnam und Pakistan, auch in Hollywood und Hütteldorf…Er zeigt uns Bilder, die ein Verfolgter sieht, mit seinem inneren Auge. Er flieht, eine Kirche wird seine Zuflucht, er stirbt, die Arme, noch wie zur Abwehr erhoben, bleiben in der Bewegung stecken, er findet sich darein.

In diesem kurzen, letzten Abschnitt seiner Flucht, in der Kirche, zieht sein Leben, sein Leiden, das Leiden der Menschen an ihm vorbei: Kreuzwegstationen, wirr durcheinander, Anhalts- •wvkte einer Rückschau.

Das ORF-Stereohörspiel „Kreuzweg 69“ war die akustische Grundlage für die „Passio“. Es errang seinerzeit den ersten Preis der UND A — kein zweiter wurde vergeben. Der Kirchenmusiker Hans Haselböck, Kirchenfunkchef Walter Karlberger, Heinz Neubrand und der Fernseh- und Hörfunkregisseur Ernst Wolfram Marboe bildeten seinerzeit das erfolgreiche Team des „Kreuzwegs 69“.

Nun galt es, das Thema in das Fernsehen umzusetzen. Man war sich aber der Gefahr bewußt, jetzt ein Hörspiel zu illustrieren. Für die gelungene optische Umsetzung zeichnet nun Peter Perz, Graphiker, Designer, Mitschöpfer der Austrovision bei der Weltausstellung in Montreal, mitverantwortlich:

Und seine Bildcollagen, sein Kreuzweg des zwanzigsten Jahrhunderts, in dem alle optischen Möglichkeiten mediumgerecht genützt sind, steht ebenbürtig neben der akustischen Brisanz dieses Werkes. Die Regie lag wieder in den Händen von Ernst W. Marboe.

Das retardierende, immer wiederkehrende Moment der Ruhe ist ein handgemalter naiver Kreuzzug aus einem alten Gebetsbuch und ein Corpus aus der Kalvarienbergkirche in Hernals. Man fand ihn 1915 im chutt der zerstörten Kirche, angesengt, mit abgetrennten Armen. Symbol jener Passio hominis, die zugleich die Passio Domini ist?

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