6892508-1979_50_12.jpg
Digital In Arbeit

Poeta doctus aus Aichmühl

Werbung
Werbung
Werbung

Alois Brandstetter kann Latein. Sehr sogar. Er hat es bereits in jenen Jugendtagen gekonnt, als er mit dem lokalen Tierarzt sprach- simpelte(„UndwasheißtNixcapi- tis? Dabei deutete er mit dem Zeigefinger seiner Hand auf seinen Kopf. Ich erwiderte: Wörtlich übersetzt heißt nix capitis, der Schnee des Hauptes, im übertragenen Sinne: weiße Haare. Ausgezeichnet, sagte der Tierarzt und lachte, eminenter, eminenter “), und liebt es auch heute noch. Weshalb er eine halbe Seite seines Buches opfert, um das Gloria („Das Gloria war ursprünglich an sich ein Weihnachtslied“) im vollen Wortlaut (ja mehr noch als im vollen Wortlaut: mit dreimaligem Amen) auf Latein zu zitieren.

„Vom Schnee der vergangenen Jahre“ ist ein Buch ihit Erinnerungen an jene Zeit, wo der Poetą doctus aus Aichmühl bei Pichl noch nicht Professor in Klagenfurt, sondern jener melancholische Jüngling war, den das Klappentextfotö 'abbildet. Brandstetter erinnert sich, aber immer didaktisch und pädagogisch; Autobiographisches mit besonderer Berücksichtigung der Volkskunde, Sprachkunde und Geschichte.

„Ich schließe die Augen, denke ein Dritteljahrhundert zurück und sehe das Treiben von damals “ Ist uns der Brandstetter jetzt humorlos geworden? Nein, noch nicht vollends. Noch gibt es Stellen mit jenem sprachwitzigen Glanz, den wir an Brandstetter so schätzten („So feiern wir am 6. Jänner die Heiligen Drei Könige, die streng nach dem Zeugnis der Schriften weder heilig noch drei, noch Könige waren. Sonst ist alles richtig“), aber dem zum Adoptivenkel Peter Roseggers avancierenden Autor fällt es sichtlich schon weniger schwer, keine Satire zu schreiben.

VOM SCHNEE DER VERGANGENEN JAHRE. Von Alois Brandstetter. Residenz-Verlag, Salzburg 1979, 133 Seiten,

öS 148,-.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung