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Poetische Botschaften

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Ob sie es eingestehen oder vertuschen - in großer Zahl sind die Schreibenden Reflektoren des Gelesenen. Ihr Fünklein entzündet sich an der Reibung mit fremden Texten, sie ähneln also einem „Schwefelhölzchen”. Im Gegensatz dazu stehen Menschen, die von der Fülle der Begegnungen und der sozialen Verflechtungen so vereinnahmt sind, daß sie von den schrift-stellernden Konjunkturen wenig oder gar nicht berührt werden können, und dies umso weniger, als sie - wie bei Gertraud Portisch, einer mehrsprachigen Existenz - die jeweilige Landessprache und die darin verkörperte „Landesdichtung” durch einen globalen Blickwinkel relativiert sehen.

Unter solchen Bedingungen entstehen Gedichte von einer nicht einzuordnenden Originalität, gleich weit entfernt von Gottfried Benn wie von Paul Celan oder Erich Fried. Wodurch könnte also deren Nähe bestimmt werden? Hier spricht eine Frau, die sich mit dem Glauben ebenso schwer tut wie mit dem sogenannten positiven Wissen. Eine Frau, die sich von der Selbstherrlichkeit des angeblich autonomen Menschen ebenso distanziert wie von der prästabilierten Harmonie der Schöpfung. Ihre Gedichte sind der Versuch, den metaphysischen Freiraum, in dem uns immer mehr die Luft ausgeht, wieder mit Botendienst einer Frohbotschaft bewohnbar zu machen. Nur durch eine sanft-drucklose Sprache kann solch Ungewöhnliches ausgedrückt werden: „Was ist Tiefe, was ist Höhe? / Doch nur unser Unvermögen / eins zu sein mit beiden.”

Durch die Graphiken von Alfonso Madden, welche dem Band nicht nur dekorativ hinzugefügt sind, sondern aus den Gedichten gleichsam als Kommentar hervorgehen, wird der Band auch zu einer bibliophilen Kostbarkeit.

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