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Politischer Kehraus

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(Burgtheater, dritter Raum am Schwarzenbergplatz, „Reigenskandal" - Collage) in ein Ringstraßen-pala’is wurde zu einem politischen Lehrstück gebeten: „Saustück -Reigenskandal in Wien 1921". Aus Pressezitaten, Gutachten, Parlaments- und Prozeßberichten wurde das Debakel rekonstruiert, das immerhin schon in der 1. Republik rund um die Aufführung dieses heute so großartig anmutenden ■ Schnitzler-Werkes passierte. Um die Stellen ging es, die im Textbuch mit Gedankenstrichen angedeutet und die auf der Bühne mit den entsprechenden Gesten und Handlungen auszufüllen gewesen wären.

In diesem zwischen den politischen Gegnern vehement ausgetragenen Streit ging es - ähnlich dem AKH-Skandal heute -jedoch weniger um Moralverfall, Jugend- und Publikumschutz, sondern lediglich um ein parteipolitisches Hick-Hack. Statt den Sumpf des dekadenten, nachmonarchistischen Sexismus, der sich geschickt in Prüderie tarnte, trockenzulegen, wurde eifrig mit Schlamm geworfen, bei gleichzeitiger Besorgnis, die eigene Weste rein zu behalten.

Nachdem Schnitzlers „Reigen" endgültig vermiest, abgesetzt, verboten war, klang es schon nach einem anderen Tänzchen. Schon stampften am Horizont die NS-Stiefel den politischen Kehraus. Auch Seipel sparte mit Tiraden gegen das „Bordellstück" nicht.

Klaus Höring, Reinhard Urbach und Stefan Makk haben die Collage mit sehr viel Geschick für dramaturgische Steigerung zusammengestellt. Der Regie (Klaus Höring) sowie den Schauspielern (Marquardt, Grieb, Melichar, Probst, Schossmann) gebührt weniger Bewunderung. Sie hatten ihre Texte vom Blatt zu lesen, der Vortrag des an sich unbedingt hörenswerten Stük-kes blieb dadurch statisch und ohne Besonderheit fürs Auge.

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