Handelt es sich bei dem Begriff einer „katholischen Aufklärung“ um eine Contradictio in adj ecto? Der Herausgeber Zdzislaw Libera wählte Texte aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und dem Beginn dei 19. aus, die die Vielfalt imd Vielschichtigkeit der Themen, Uterarischen Formen und Motive dokumentieren.
Beispiele aus der Dichtung, der Prosa, dem Theater, der Literaturkritik und der poUtischen Publizistik sowie der MemoirenUteratur bringen festgefahrene Klischees über „die Aufklärung“ zum Wanken. Denn sie ist in Polen nicht kosmopoUtisch, sondem national, wie etwa die „Hymne an die Liebe zum Vaterland“ des Ignacy Krasic-ki (1735-1801) zeigt -als Autor von Satiren, Fabeln, Gedichten und Romanen der herausragendste Vertreter der Epoche. Die polnische Aufklärung erweist sich weiters lücht als atheistisch oder indifferent, sondem als reUgiös: Krasicki wird am Ende seines Lebens Primas von Polen. Die „Ode an Gott“ des F. D. Kniaziiin (1750-1807) ist keine Seltenheit
Auch die selbstkritische Haltung fehlt nicht; so kann F. S. Jezierski nicht verstehen, „weshalb unser Jahrhundert sich aufgeklärt nennt“ (1790). Der radikale Jakobiner Ja-kub Jasinski unterscheidet sich als seltene Ausnahme von den politisch meist gemäßigten Aufklärern
Bei der Vielfalt des vorliegenden Materials wäre der Titel „Polnische Literatur und Publizistik im Zeitalter der Aufklärung“ wohl zutreffender gewesen.
POLNISCHE AUFKLARUNG. Herausgegeben von Zdzislaw Libera. Suhrkamp Verlag, fi-ankfurt/Main 1989.435 Seiten. ÖS 270,^
