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Punk ist Kommerz

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Das Haus ist voll, viele Jugendliche stehen und jubeln frenetisch. Die überlaute Musik ist kaum noch auszuhalten. Ein Jugendlicher schüttelt zu einem nicht vorhandenen Rhythmus den Kopf, die durch die Wange durchgestochene Sicherheitsnadel bünzelt im Scheinwerferlicht. Seine grellroten Haare sind gefärbt. Ein etwa 16jähriges Mädchen brüllt trotz piepsender Stimme: „Männer raus!“ Ein männliches Mitglied der Rockgruppe geht auf der Bühne in ihre Richtung und schreit mit Berliner Akzent: „Mann, du bist ja doof!“ Nina Hagen, 24, einzige anerkannte deutsche Punk-Rockerin, hat vergangene Woche im Wiener Konzerthaus zugeschlagen.

Die Punk-Bewegung, 1976 in Großbritannien entstanden, hat mit ihren unwetterwirksamen Ausläufern auch Österreich erreicht. Die Ideologie der mit Sicherheitsnadeln, gefärbten Haaren und greller Kleidung gekennzeichneten Punker ist einfach: eine absolute Verneinung der heutigen Zustände. Nein zu den Eltern, nein zur Politik, nein zur Welt, nein zur kommerziellen Musik. Mit dieser Masche verdient die aus der DDR ausgebürgerte Nina Hagen nicht wenig: ein ausverkauftes Wiener Konzerthaus läßt ahnen, wie hoch ihre Nettoeinnahmen sind.

Der deutsche Text der Nina-Ha-gen-Version des Frank-Sinatra-

Schlagers „My Way“: „Die Welt ist so kaputt, ist alles Schutt auf dieser Erde. Und dann kommt der Mann deiner Träume und du hängst dich ran, dein ganzes Leben. Und dann zuckt auch ein Blitz aus heitrem Himmel, schlägt ein in den janzen Verein, so kurz mal eben.“ Ein krasser Gegensatz zu vielen Schmalzproduktionen.

Lesbisches Verhalten wird in einem anderen Lied gepriesen, das den Titel „Aufm Bahnhof Zoo im Damenklo“ trägt. Mit solchen Liedern verdienen Punker jenes Geld, das sie so verurteilen. Zeile aus Hagens „My-Way“-Adaption: „Und Geld ist mehr wert als ich, als ich, als ich.“

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