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Qual der Kindheit

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Auch in ihren beiden jüngsten Werken spinnt die Psychologin Alice Miller den Faden kindlicher Unschuld und elterlicher Verbrechen, in denen sie die alleinige Wurzel negativen Lebensverlaufs und unliebsamer Ideologien sieht. An Fallstudien über Friedrich Nietzsche, Pablo Picasso, Käthe von Kollwitz und Buster Keaton wird die Kindheitshölle auf getan: Hätte der kleine Fritz nur einmal schluchzen dürfen, der Welt wäre seine Philosophie erspart geblieben (die Miller nur aus der geläufigen Zitatenkiste rekonstruiert).

Alternativen zu repressiver Pädagogik weiß die Autorin keine anzubieten. Sie, die mit persönlicher Betroffenheit nicht hinter dem Berg hält, bringt es gerade zu Rousseauscher Apologetik (früh-)kindlicher Bedürfnisse“. Derart den Banden ihrer psychoanalytischen Tradition entronnen, die Miller nunmehr bitter des Betrugs bezichtigt, gelangt die Elevin Freuds auf dem Weg ihrer Vatersweglegung zu seltsamen Hypothesen: etwa der Auffassung, manch unglückliches Erziehungsopfer hätte niemals in seinem Leben geträumt.

Die jüngsten Werke Alice Millers bekunden erneut den Verfallsprozeß der in den USA einst so emphatisch aufgenommenen Psychoanalyse; ihrer normativen Zielsetzung entkleidet, wird die Theorie Freuds zusehends zum Reflex amerikanischer Realität: des Hedonismus.

DAS VERBANNTE WISSEN. Von Alice Miller. Suhrkamp Verlag 1988. 260 Seiten. öS 218,40.

DER GEMIEDENE SCHLÜSSEL. Von Alice Miller. Suhrkamp Verlag 1988.191 Seiten, öS 218,40.

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