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Richter über Kunst

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(Künstlerhaus, Wien, bis 30. Dezember) Das Geschehen wurde aktenkundig: Am 5. Juli 1965 geht ein vom Scheitel bis zur Sohle weiß bemalter Mann, den ein schwarzer Strich optisch in der Mitte teilt, durch die Wiener

Innenstadt und wird von der Polizei angehalten. Indem er nicht einen hellen Sommeranzug getragen hat, sondern mit weißer Farbe von oben bis unten bekleckert war, hat er, wie schriftlich festgehalten wurde, „ein Verhalten gesetzt, welches geeignet war, Ärgernis zu erregen und bei den Passanten auch tatsächlich erregt hat, wodurch die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört war.“ Günter Brus war aus der Öffentlichkeit der Galerie in die Öf-

fentlichkeit der Straße getreten. Er mußte öS 80,- bezahlen.

Ein kleiner Fisch, ein eher unspektakulärer Fall aus der Reihe jener Beispiele, die zum Thema „Das .gesunde Volksempfinden1 als Kunstmaßstab“ für eine Dokumentation ausgewählt wurden. Der Titel der Ausstellung, die aus dem Wilhelm-Lehmbruck-Museum der Stadt Duisburg ins Künstlerhaus in Wien übernommen wurde: „Im Namen des Volkes“.

Die beteiligten Künstler: Wilhelm Lehmbruck, die deutschen Expressionisten, Henry Moore, Jean Tinguely, die Wiener Aktionskünstler, HA Schult, Otto Dressier und und und.

Der Originalschauplatz: Oft genug der Gerichtssaal, wie Peter Weibel schreibt, „dér Schnittpunkt von Kunst und öffentlicher Ordnung“.

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