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Schützenloch-Perspektive

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Wir lagen in Frankreich südlich der Loire, und wir alle wußten natürlich: die Invasion steht bevor. Wir wußten das bis zum Überdruß. Am Abend des strahlend schönen 5. Juni war ich noch schwimmen in dem Flüßchen Thouet und kehrte zu spät in die Unterkunft zurück, aber der Kompaniefeldwebel drückte ein Auge zu.

Am folgenden Morgen gab's den Alarm, und am Abend war ich wiederum schwimmen, und wieder kam ich zu spät zurück, und wurde also belehrt: „Sie brauchen nicht zu glauben, daß der Zapfenstreich nicht mehr gilt, nur weil wir jetzt die Invasion haben."

Ach ja, die Posten waren verdoppelt worden, Luftspäher saßen an exponierten Punkten, das magische Wort aber hörte sich eher als ein Gerücht an denn als ein Alarm.

Am 7. Juni sollten wir nach Sau-mur, und ich dachte, wir würden dort unsere Panzerabwehrkanonen in Stellung bringen und warten, ob sie auch hier vielleicht landeten, aber wir fuhren hinauf nach St. Lö; am Wegrand lagen die ersten Toten. Ich hatte mich mit einem Tintenstift in den Finger gestochen und fürchtete eine Blutvergiftung — mit dieser entsetzlichen Sorge im Herzen zog ich denn in die Entscheidungsschlacht des Zweiten Weltkriegs.

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