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Schwangt Humor

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Meistens ist ja der Humor unserer Münchner Faschings-Gesellschaft eher zum Weinen. Gelegentlich aber gelingt den Berufsnarren des gesellschaftlich relevanten Karnevals doch eine wuchtige Pointe, die zwar so nicht gemeint war, aber doch zum Volltreffer unbeabsichtigter Satire wird. Münchens Narhalla hat den Karl-Valentin-Orden ausgerechnet an Kardinal Joseph Ratzinger vergeben.

In München war der Lacherfolg groß, im Vatikan gemischt. Unter Katholiken kann diese Ehrung angesichts der absolutistischen Personalpolitik Roms und der subtilen Ketzerverfolgung gegen deutsche Theologen allenfalls mit schwarzem Humor“ erklärt werden. Aber so hinterhältig wie es aussieht, denkt die biederkonservative, aber nicht gerade kirchennahe Münchner Faschings-Gesellschaft natürlich nicht.

Mit Prinzenpaar und Prinzengarde, Hofmarschall und Elferrat ist die Narhalla einst angetreten, um anachronistisches Hofzeremoniell und wichtigtuerische Hofschranzen der Feudalgesellschaft im Fasching durch Parodie lächerlich zu machen. Heute nehmen sie sich selber sehr ernst und machen sich dabei lächerlich.

Ungläubig hat der Präfekt der Päpstlichen Glaubenskongregation zuerst in einem Telegramm rückgefragt, ob die Ordens-Verleihung denn ernst gemeint sei. Aber daß die Narhalla ihre Art von Humor ernst meint, konnte umgehend bestätigt werden. Daraufhin hat der ehemalige Münchner Erzbi-schof die Annahme des Narrenordens zugesagt und sofort den Humor zu einer wichtigen Christenpflicht erklärt. Bei Nichtbefolgung derselben...

Wegen der neuen vatikanischen Methoden bei der Besetzung von Bischofsstühlen ist vielen Katholiken das Lachen ebenso vergangen wie über der Tatsache, daß die Berufung auf theologische Lehrstühle an deutschen Universitäten heute in Rom entschieden wird. Umso nötiger wird diese Faschingsoffensive zur Aufheiterung des unmündigen Kirchenvolkes sein.

Zuerst muß im Januar in München mit einer Laudatio das Hintergründige an Ratzingers Humor aufgeklärt werden. Dann hat sich der Kardinal in einer launigen Ansprache des Valentinischen Anspruchs würdig zu erweisen.

Unklar ist nur noch, ob die bisher leichtgeschürzte Prinzengarde heuer wärmer eingekleidet wird, und ob der Preisträger wie üblich mit der Faschingsprinzessin den Ehrenwalzer tanzen muß. Aber das werden wir mit großer Aufgeschlossenheit und viel schwarzem Humor abwarten.

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