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Science-fiction für Kinder?

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Die beiden Jugendbücher „Mondbasis Alpha 1 - Flucht ins All“ von E. C. Tubb und „Kraft aus der Sonne“ von „Saharien“ gehören, oberflächlich betrachtet, demselben Genre an. Schaut man aber genauer hin, verkörpern sie geradezu entgegengesetzte Haltungen.

Die Erziehung zum typischen Science-fiction-Leser scheint uns kein sehr bejahenswertes Ziel zu sein, die Gründe dafür wurden in der FURCHE mehrfach dargelegt. Das erstgenannte Buch aber wirkt in genau dieser Richtung, sozusagen als Vorbereitung auf die Flut der Trivial-Science-fiction, die nicht aufklärt, sondern verdummt, weil nämlich die Zukunft der Technik, der Raumfahrt, der Menschheit, hier nur als Kulisse mit geringem Denkaufwand produzierter, auf primitive Spannungseffekte angelegter Massenkonsumware dient. Im Hintergrund steht ein an Schwarzweißdenken orientiertes Konzept der Wirklichkeit „Mondbasis Alpha 1 - Flucht ins All“ ist sozusagen eine Miniausgabe dieser Literatur für Erwachsene, die es nicht ganz geschafft haben, Erwachsene zu werden. Daß die Guten gewinnen und die Bösen unterliegen, macht Schwarzweißdenken nicht zu einem komplexeren, differenzierenden Denken. Bücher wie dieses (das hier als eines für eine ganze Gattung steht) regen junge Menschen nicht zum Fragen nach technischen und sozialen Zusammenhängen an, sondern gewöhnen es ihnen eher ab. Der Band beruht übrigens auf einer bekannten Fernsehserie, für die Oberwähntes in verstärktem Maße gilt- das Fernsehen kann sich nicht einmal auf kommerzielle Notwendigkeiten berufen.

Willi Pribil (der als Kabarettist begann) und Ernst Pichler beweisen demgegenüber in ihrem Buch „Kraft aus der Sonne“ (gemeinsames Pseudonym der Autoren: „Saharien“), daß Science fiction sehr wohl zum Verstehen wissenschaftlicher und sozialer Sachverhalte beitragen kann und die science in der fiction nicht untergehen muß. Dieses Buch ist an Abenteuern in der technischen Welt eher noch reicher, aber es unterscheidet sieh von der verdummenden „s. f.“-Sorte in wesentlichen Punkten: Es will nicht nur unterhalten, sondern auch fundiert über Problme der Zukunft informieren, die grundsätzliche, ethisch positive und wirklichkeitsnahe Haltung der Autoren kommt hier zum Tragen, und der Zeitabstand (die Story spielt im Jahr 2007) wurde so gewählt, daß zwischen technischen Entwicklungsständen und Problemen von heute und dem Romangeschehen kein unüberbrückbarer Abgrund klafft. Und die Story selbst hat auch Hand und Fuß: Ein Fernsehreporter reist von Gefahr zu Gefahr, aber nicht als

„Reporter des Satans“, sondern als Vorkämpfer einer humaneren Welt Es gibt auch in diesem Buch einiges, wogegen Einwände vorzubringen wären. Es ist von einem betont progressiven Standpunkt aus geschrieben, der nicht jedermanns Sache sein mag, und es wäre empfehlenswert, daß Eltern, die dieses Buch ihren halbwüchsigen Söhnen schenken, es ebenfalls lesen (vorher oder hinterher). Es bietet eine Menge Diskussionsstoff. Und gerade das ist begrüßenswert. Denn ein Standpunkt, ob man ihn teilt oder nicht, aber auf dieser, unserer Welt ist besser als ein substanzloses Wischiwaschi auf fernen Monden. Und dazu, überhaupt einen Standpunkt zu haben, muß man junge Menschen heute sehr bewußt erziehen.

MONDBASIS ALPHA 1 - FLUCHT INS ALL. Von E. C. Tubb. Verlagsbuchhandlung Julius Breitschopf, Wien 1977, 256 Seiten, öS 99,-.

KRAFT AUS DER SONNE. Von Saharien. Verlag Jugend und Volk, Wien 1977, 208 Seiten, öS 138,-.

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