7066374-1992_06_03.jpg
Digital In Arbeit

Soll Verstaatlichung Schule machen?

Werbung
Werbung
Werbung

Bildungspolitische Diskussionen haben in Österreich eine Eigengesetzlichkeit: Vieles wird an-, nichts wird ausdiskutiert. Was ist denn etwa in den letzten zehn Monaten konkret passiert, nachdem Untersuchungen im April des Vorjahres bei Pflichtschulabgängern katastrophale Mängel in der Beherrschung elementarer Kulturtechniken geoffenbart haben? Wo wurden welche Lehrpläne radikal entrümpelt, um Zeit für das Wesentliche zu schaffen?

Das Thema ist bis zur nächsten Alarmmeldung abgehakt, das Interesse gilt anderen Fragenbereichen. Jetzt geht es beispielsweise darum, ob der schulische Zeitplan auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmt oder dem Zeitrhythmus der Arbeitswelt unterworfen werden soll. Das ist der harte Kern der Diskussion um Fünf-Tage-Woche, Ganztags- und/oder Tagesheimschule.

Richtig ist, daß es eine steigende Nachfrage nach einer Betreuung auch an Nachmittagen gibt. Ob es sich dabei aber nur um Betreuung handelt, Stichwort: Tagesheimschule, oder um eine Verteilung der Unterrichtsstunden auf den ganzen Tag, Stichwort: Ganztagsschule, macht einen gewaltigen Unterschied. Beim erstgenannten Modell kann die Betreuung in Anspruch genommen werden, im zweitgenannten muß sie verlebt werden, weil sonst Unterricht versäumt wird.

Nichts spricht dagegen, beide Modelle nebeneinander anzubieten. Aber es muß eine freiwillige Entscheidung für die eine oder andere Form möglich sein. Wo Eltern, Großeltern oder private Initiativen im Bereich der Nachbarschaftshilfe und auf eigene Kosten selbst ganz oder teilweise für die Betreuung sorgen können und wollen, darf es jedoch zu keiner zwangsweisen Verstaatlichung der Schülerfreizeit kommen. Wer aber die Nachmittagsbetreuung so oder so in Anspruch nimmt, sollte dafür - hier ist Unterrichtsminister Rudolf Schölten zuzustimmen -einen sozial gestaffelten Beitrag leisten.

Ideallösung gibt es keine. Die einen sehen mit Ganztagsschule und Fünf-Tage-Woche ein längeres gemeinsames Wochenende winken und wollen beim Einkauf oder Ausflug sogar von freundlichem Personal bedient werden, das gleichzeitig Zores hat, die Betreuung für die eigenen Kinder zu organisieren.

Ein nach Schulen und Bundesländern flexibles Durcheinander von Sommer-, Herbst-, Weihnachts-, Semester-, Oster-und Wahlferientagen fehlt noch als Tupfen auf dem i. Aber vielleicht denkt man bereits an „Blockzeiten" von einigen Tagen, in denen dann eine Familie mit mehreren Kindern in unterschiedlichen Schulen Ferien machen kann. Kurz: Per Entflechtung zum Superstau.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung