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Spiegel jüdischer Kunst

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Selten ist ein kunsthistorisch wichtiges Werk zugleich auch ein menschlich bewegendes Dokument. Der große, großzügig ausgestattete Band, der unter dem Titel „Judaica“ die Sammlung von Max Berger vorstellt, vermag sowohl profundes Wissen wie starke Emotionen zu vermitteln.

Von Wolfgang Häusler stammt der umfangreiche Textteil über die Kulturgeschichte des österreichischen Judentums, über Glaubenswelt und Brauchtum der Juden und über die jüdische Kunst, die ihren Weg zwischen dem Bilderverbot des Alten Testaments und der schöpferischen Kraft der religiösen Phantasie suchen mußte. Wichtig und lehr-

reich sind die Hinweise auf die Wechselbeziehungen zwischen der jüdischen Kunst und der Kunst des jeweiligen Gastlandes. Eine kurze Übersicht aller bisherigen Sammlungen dieser Art in Österreich ortet letztlich die kulturhistorische Stellung der Sammlung Berger.

Max Berger selbst hat den Katalogteil bearbeitet. Ein Großteil der 3000 in Wien aufbewahrten Objekte ist in Bild und Text dokumentiert; auch werden Analogien zu anderen Kunstgegenständen ähnlicher Art dargestellt.

Der Geist, der das Buch erfüllt, wird im Vorwort des Sammlers artikuliert. „Es ist für den modernen Menschen außerordentlich schwer“, schreibt Max Berger, „sich von der Vorstellung, die ihm die Umwelt vermittelt, loszulösen, um zum Glauben an das Transzendentale, d. h. das die Formen der sichtbaren Welt Ubersteigende, zu gelangen. Den Akt dieser Loslösung und geistigen Befreiung haben die Juden seit jeher konsequent vollzogen.“

An einer anderen Stelle schreibt Berger zur Unterbringung seiner Sammlung in Wien: „Das alles hat, wie seinerzeit viele Menschen, seine Heimstatt in Wien gefunden. Ich habe mich immer nach der Welt meiner Kindheit gesehnt. Trotzdem könnte ich an keinem anderen Ort der Erde so intensiv leben wie in dieser Stadt. Das ist der Gegensatz, wenn wir in der Wirklichkeit Wirkliches, in der Seele Mystisches erleben.“

Daß die Gestaltung des Bildteils einem Photographen vom Rang Erich Lessings anvertraut worden ist zeigt die Liebe der Herausgeber des Buches zu ihrem Gegenstand. Durch Emotionen, die hier der wissenschaftlichen Aussage besondere Kraft geben, wird auch der Band selbst als Kunstwerk besonderer Art ausgewiesen.

JUDAICA von Max Berger, Wolfgang Häusler, Erich Lessing, Die Sammlung Berger. Verlag Jugend und Volk, Wien-München, 1979, öS 820,-.

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