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Spießer-Porträt

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Ludwig Harig hat sich auf die Suche nach der Vergangenheit seines Vaters gemacht. Eine Spurensicherung, die bei den Geschehnissen vor Verdun und damit mitten im Ersten Weltkrieg landet.

Was eigentlich eine großartige Möglichkeit zur Reflexion vergangener Ereignisse geboten hätte, wird zum zweifelhaften Denkmal für einen durchschnittlichen Mitläufer, der weder besondere Schuld auf sich geladen hat noch durch bemerkenswerte Zivilcourage aufgefallen ist.

In einer Zeit, in der das unsäglich banale (weil alle Grenzen verwischende) Wort von der „Gnade der späten Geburt“ um sich greift, hätte ein Werk, das sich mit der Frage des Mitläufer-tums beschäftigt, große Verdienste erwerben können. Dem jedoch weicht Harig aus. Er liefert in liebevoller und gelungener Kleinarbeit ein Buch, das minutiös einen deutschen Spießer beschreibt.

Es entsteht das Bild eines Menschen, der nie große Begeisterung empfand, sich aber immer widerspruchslos ins scheinbar Unvermeidliche fügte und nie auch nur einen Anflug von Selbstzweifel zeigte. Daß Harig uns einen solchen Menschen beinahe als Vorbild porträtiert, ist befremdlich. So naiv und ohne kritische Distanz sollte ein Schriftsteller heutzutage eine derartige Figur nicht mehr wiedergeben.

ORDNUNG IST DAS GANZE LEBEN. Von Ludwig Harig. Carl Hanser Verlag, München, Wien 1986,499 Seiten, Ln., öS 351,-.

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