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Sprache und Verbindungen und das Wort

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Hans Weigel beginnt eine Parodie auf mich mit dem (klein geschriebenen) Wörtchen „und”, und er schließt auch (ohne schließenden Punkt) mit „und”. Und wahrlich, er hat mich damit ganz genau getroffen: das „und” ist mein liebstes und deshalb mein öftest verwendetes Wort; und ich weiß auch warum.

Ich weiß nämlich — und ich weiß das im wörtlichsten Wortsinn ab ovo —, daß alles zerteilt und getrennt ist, jedes von jedem und jedes von allem geschieden; und daß diese Ursache unseres Daseins die Ursache unseres Leidens am Dasein: so daß wir nach Aufhebung dieser, doch ohne zugleich auch nach Aufhebung jenir, uns sehnen: nach Friede auf Erden. Und deshalb liebe ich das, was verbindet, oder doch immerhin dran erinnert, daß wir, als Teile, vom Ganzen stammen, also ins Ganze zurückkehren werden.

So liebeich denn die Sprache als das Verbindende, und liebe am meisten das Wort, das am meisten verbindet: Gott und die Welt, und Raum und Zeit, und Mann und Frau, und Liebe und Leid, und Natur und Kunst, und Krieg und Frieden, und Soll und Haben, und Himmel und Hölle; gut und böse, und eins und alles: eben den Teil und das Ganze.

Allein, es west im „und” auch etwas von „aber” und „auch”, von „oder”: vom Oder des Zweifels, vom Oder der Wahl, vom Oder der ewigen Frage nach Sein oder Nichtsein. Und also gemahnt uns der (etymologisch beweisbare) Hintersinn jedes „und” an die Tragik jedweder Verbindung, nämlich ' daß wir, als Teile, zum Ganzen zwar streben, aber nur streitend zum Ganzen zu streben vermögen: daß Leben und Tod einander so ausschließen wie bedingen.

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