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Sprachgewaltiger Tod

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Ein witziger Hochhuth-Kritiker merkte zu „Tod eines Jägers" an, nun wüßten wir endlich, weshalb Hemingway Selbstmord begangen hat: weil ihn die endlos öden, ■ tödlichen Monologe fertigmachten. Ernsthaft gefragt: Wie haben

es Sterben und Sprache miteinander? Steht uns, wenn es mit uns dereinst zu Ende geht, ein Replay unseres Lebens, in kürzesten .Zeiteinheiten iisfcehiuiabspulend, aber von ausführlichster, abendfüllender spiachüebjer.jGestalt'be.' u • vor?

Akzeptiert man den Widerspruch, daß die Literatur auch zur Darstellung des Sprachlosen keine anderen Mittel als sprachliche zur Verfügung hat, dann muß man Theodor Weißenborns Text einen gelungenen Versuch nennen. Weißenborn, vertraut mit Kultur und Wissenschaft, stellt einen Sterbenden dar, dem seine Lebensgeschichte gegenwärtig gemacht wird, mehr noch: dem sein Leben definiert wird im doppelten Sinn des Wortes - zu Ende geschrieben, begrenzt.

Sprache ist dabei sowohl Medium wie auch Material. Zwar ist der Sterbende verstummt und braucht nicht zu reden, dafür aber muß er hören, was er fühlt. Die zu ihm sprechende Instanz schillert zwischen dem sich selbst beobachtenden Bewußtsein und göttlicher Personalität. Thanatos lo-gon echon: Bei Weißenborn ist der Tod ein der Sprache fähiges Wesen.

ALS WIE EIN RAUCH IM WIND. Von Theodor Weißenborn. Verlag F. H. Kerle, Freiburg i. Br. 1979. 160 Seiten, öS. 171,60.

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