7209566-1992_25_15.jpg
Digital In Arbeit

Stasi-Carmen

Werbung
Werbung
Werbung

Opernfreunde waren empört; aber Freunde des Regisseur Harry Kupfer jubelten: Die Wiener Festwochenpremiere von Bizets „Carmen", die Kupfer für die Komische Oper Berlin geschaffen hat, endete im Theater an der Wien in Gebuhe und ostentativem Applaus. Kupfer siedelt „Carmen" in einer kargen Szene an, die nach SED-Gewaltherrschaft und Stasi-Akten riecht. Bizet wird in einer lächerlichen Zweistundenfassung geboten, mit viel Bodenrobben, ohne Pause, ohne Spanien, ohne Erotik.

Und vor allem ohne Sänger. Alle, von der indisponierten Marilyn Schmiege über Neil Wilsons Jose bis zum Schmalspur-Escamillo Andrzej Dobbers warteten mit eher dürftigen Leistungen auf. Kupfer ging es offenbar mehr um Theater als um Oper und um eine musikalisch gültige Realisierung. Seine Carmen von heute könnte im Ostberlin Anno 70 oder in Kuba spielen. Reinhart Zimmermanns Einheitsbühnenbild, eine ruinöse Lagerhalle, wie Eleonore Kleibers häßliche Kostüme machen das deutlich. Bizet im Vulgärstil, dem auch der Dirigent Rolf Reuter huldigt.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung