Südtirol: das waren einmal wogende Leidenschaften, gesprengte Leitungsmasten, Bombenrhetorik. Südtirol: das ist für manche heute Landschaftszerstörung, Raffgier, Neureichenprot-zentum. Südtirol: das war für ein paar Vernünftige lange schon Auftrag und Chance für ein modellhaftes Zusammenleben in einer mehrsprachigen (nicht gemischtsprachigen) Gemeinschaft einander bereichernder Kulturkreise, geprägt von Toleranz und Respekt vor Andersartigkeit. Zu den Verfechtern dieses Leitbil-
des gehört seit Jahrzehnten Hansjörg Kucera, einer der profiliertesten Journalisten im Oberetsch, erster deutschsprachiger Chefredakteur des Senders Bozen - den einen zu „walsch", den anderen zu „links", den dritten doch wieder zu SVP-nah, in Wirklichkeit einfach klug, wirklichkeitsvertraut, tolerant, liberal, christlich und das alles ohne qualifizierendes Mascherl.
Als er 1989 bei der RAI den Hut nahm, ohne äußeren Grund, Freunde und Kritiker Uberraschend, daß da einer von sich aus „Genug" verkündet, riet man ihn, seine 280 Radio- und TV-Kommentare zu veröffentlichen.
So simpel gab er's nicht. Aber er schrieb sehr persönlich gehaltene Erinnerungen, gespickt mit seinen Urteilen von einst, und die ganze Südtiroler Nachkriegsgeschichte steht wieder auf: human und kritisch gefiltert. Hubert Feichtlbauer AUF UND AB UM SÜDTIROL. Von Hansjörg Kucera. Haymon Verlag, Innsbruck 1991. 191 Seiten, 25 Karikaturen von Peppi Tischler, öS 174,-.
