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Totentanz als Regiekunststück

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Ich kann den Respekt vieler Kritiker für die Aufführung des Stücks „Jubiläum“ von George Tabori im Schauspielhaus nicht teilen. Vielleicht hindert mich Entsetzen über die Gleichgültig-keit, mit der ein Großteil unserer Mitmenschen auf die Ausrottung der Juden reagiert(e), den Stellenwert des Witzigen in dieser Inszenierung zu würdigen.

Der schwarze Humor, mit dem Tabori verzweifelt im Jetzt und Hier Betroffenheit erzwingen will, wird zum Regiekunststück mit beiläufigen Effekten.

Tabori zeigt die von „Gottes kleinen Kreaturen“ benagten Toten auf dem jüdischen Friedhof lebendiger als den Nazischmierer. Statt anzuklagen, lassen sie in einer ungeheuerlichen Collage aus

Authentischem und Trivialem, Persönlichem und Witzigem bis hin zur obsessiv wiederholten Neonazi-Zote die braune Wirklichkeit ihren Totentanz tanzen. Das ist großartig, beklemmend, erwürgt das Lachen im Hals.

Grell soll das alles ja gemacht werden, aber nicht derb. Erhard Pauer (Regie) arbeitet mit sehr gängigen Mitteln. Das Dokumentarische, das Leise geht unter, aus der dem Stück immanenten Traurigkeit wird Ästhetik. Die Leistungen sind zum Teil beeindruk- kend (Hannes Thanheiser, Luise Prasser), aber ich fürchte, daß diese Aufführung, wären die Neonazis bloß etwas intellektueller, auch ihnen ganz gut gefallen könnte.

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