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Tschaikowsky ä la Stanislawski

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Nachdem die Grazer Oper sich mit der Robert-Stolz-Show von Marcel Prawy in aufwendige Kitschregionen verführen ließ, erlebt sie derzeit einen unerwarteten Höhepunkt ihrer Entwicklung. Unerwartet deshalb, weil Tschaikowskys Szenen nach Puschkins „Eugen Onegin“ auch in russischen Interpretationen oft nicht mehr als edle, mehr oder minder gepflegte Langeweile produzieren. In Graz führt der Ballettmeister Waclaw Orlikowsky Regie, Niksa Bareza dirigiert, dazu kommt als Dekorateur der Wiener Wolfram Skalicki,

Diese günstigen Voraussetzungen bewirkten einen fast bruchlos geglückten, schönheits- und schwermutstrunkenen Operabend. Orlikowsky geht natürlich als Choreograph an die sieben „lyrischen Szenen“ Puschkins heran: da muß manche Geste schematisch, manche Bewegung stilisiert aussehen; aber er läßt die Musik in der Bühnenaktion sich fortsetzen, Spiel, Arrangements und Haltung von ihr durchdringen; er individualisiert Chor und Komparsen und formt das Geschehen mit stanislawskischer Akribie zu unvergeßlichen Stimmungsbildern, in denen Klassizismus, Birkenwälder, Pawlow und Puschkin sich zu einer von Byron'schem Weltschmerz überhöhten Einheit fügen.

Der einzige schwache Punkt der Inszenierung liegt im Schlußakt, der mit dem allzu häufigen Gebrauch der Drehbühne sich in operettenhafte Gefilde verliert. Skalickis Bühnenbilder gehören nicht nur zum Schönsten, auch zum Genauesten, was dieser Künstler seit langem geschaffen hat. Ebensowenig wie der Regisseur scheut er davor zurück, den Fluten des Gefühls in Text und Musik adäquaten optischen Ausdruck zu geben. Dem Agramer Dirigenten NikSa Bareza ist es gelungen, das oft verschrieene Grazer Orchester in Höhen ungeahnter Qualität und Subtilität zu entführen. Eva Bartfai als Tatjana und JoszefKo-vacs als Lenski sind die Spitzen des sehr ordentlichen Solistenensembles.

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