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Digital In Arbeit

Umverteilung

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In Wien, wo sich sachliche Kritik und persönliche Animositäten untrennbar mischen, kann einer sein Scheitern leicht mystifizieren. Wer Gerhard Klingenberg prinzipiell wohlwollend gegenüberstand, mag deshalb das Schicksal des ehemaligen Burgtheater-Direktors als Chef des Zürcher Schauspielhauses mit besonderem Interesse verfolgt haben. Nun ist er auch dort gescheitert.

Einerseits hat er seinen Vertrag von sich aus nicht verlängert. Anderseits aber mußte nun auch gleich der Verwaltungschef des Hauses seinen Hut nehmen: Er hatte zu Klingenberg gehalten und zog die Konsequenzen, denn niemand hielt mehr zu ihm.

Einmal mehr ist der Theatermann über den Geschäftsmann gestolpert: Er hat seine im Vertrag zugestandenen Möglichkeiten, sein Gehalt durch hochbezahlte Regiearbeit am eigenen Haus aufzubessern, so gründlich genützt, daß es den in derlei Angelegenheiten peniblen Schweizern in die falsche Kehle geriet.

Klingenberg ist aber nur Ga-lionsfigürchen eines Systems, in dem künstlerische Entwicklungen und Verteilungskämpfe nicht mehr zu unterscheiden sind. „Regietheater" heißt ja auch: Tantiementrächtige Klassikerbearbeitungen durch Regisseure oder ihnen nahestehende Leute. Bedeutet in den wohlbekannten Extremfällen sehr viel zusätzliches Geld für wenig Arbeit. Bedeutet keineswegs immer Einsparung der Tantiemen und damit billigeres Theater durch Aufführung ungeschützter Werke, sondern oft lediglich Umverteilung. Und zwar zu Ungunsten derer, die Originäres schreiben.

Die Abwertung der Autoren hat nicht nur politische Gründe, sondern auch noch miesere.

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