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Ungarn unbekannt

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Es gibt Schriftsteller, deren Werke in eine Fremdsprache übersetzt werden müssen, damit ihre Begabung einigermaßen in Erscheinung tritt. Der Ungar Miklos Meszöly gehört sicherlich nicht zu den Erzählern, die für einen Exklusivkreis von Kennern schreiben. Er achtet den Leser und will ihn sogar mit seinem Können überschütten. Doch dies wird ihm auch zum Verhängnis.

Seine Figuren lösen sich in den verschwenderischen Überlängen auf, Handlungen brechen grundlos ab, Regungen und Gedankengänge gehen verloren und auf die zerfallenen Strukturen läßt sich der fade Schleier der Langwierigkeit nieder.

Der deutschsprachige Leser wird dies auch erfahren müssen, obwohl die Übersetzer der sechs Erzählungen den inneren Gesetzen der Sprache und der Erzählkunst wohl haben zu gehorchen gewußt. Dank des angespannten Textes pulsiert in den Erzählungen viel öfter jene Kraft, die im Ungarischen so heillos verlorengeht. Und da entsteht ein Erzähler, der ohneSentimentalitätund Nostalgie ein Ungarn erlebt, wo noch das gegebene Wort den Alltag zusammenhielt, wo eigentlich jeder stets von einer nie ausgesprochenen Traurigkeit befallen war und wo es zu den Tugenden gehörte, gar ein ganzes Leben wortlos im Unglück zu verbringen.

Diese Mikroweit inmitten Mitteleuropas wird lebendig, fühlbar und fast auch schon begreifbar in Miklos M6szölys Erzählungen. Ein bereits unbekanntes Land mit ihren eigenartigen Menschen wird da von den geflügelten Pferden davongetragen.

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