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Untergang in Berlin

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(Deutsche Oper, Berlin) Zum Festwochen-Finale ein Untergangsstück: die szenische Uraufführung von Claude Debussys „Der Fall des Hauses Usher“. Das einaktige Drame lirique ist nur fragmentarisch überliefert, mit in der Absicht erkennbarer, jedoch nicht ausgeführter Instrumentation. Dem Bearbeiter und Herausgeber Juan Allende-Blin ging es nicht darum, das Torsohafte aufzuheben. Er hat aber, und wohl zu Recht, die musikalische Prosa Debussys weit in die Moderne vorgetrieben.

Das Werk basiert auf einer Erzählung von E. A. Poe. Der amerikanische Dichter begleitete Debussys ganzes Leben. Der an Krebs erkrankte Komponist hat sich schließlich mit der Hauptfigur, Roderick Usher, identifiziert. Er erfuhr den Verfall, ins Körperliche gewendet, an sich selbst.

In Berlin weitet sich die Untergangsversion, das Ende eines aussterbenden Geschlechts in ein Sinnbild für viele Arten von Vernichtung. Das Spukschloß: ein gleichsam sprechender Raum von Erich Wonder; das eindrucksvollste Bild, das seit langem auf der Musikbühne zu sehen war. In ihm entfaltet sich unter der Regie des jungen Nikolaus Lehnhoff beklemmendes Spiel, auch in den langen, aus Debussys vollständigem Libretto eingeschobenen Sprechpartien (in französischer Sprache). Jesus Lopez Cobos ließ bemerkenswert präzise und abgeschattet musizieren; Jean-Philippe Lafont gab den Roderick halbnackt, in gestreifter Hose: ein Gepeinigter und sich selbst Peinigender, dessen Wahn nur der konkrete Ausdruck der Bedrohung von außen ist.

Vor der Pause: Ravels „Das Kind und der Zauberspuk“ als reichlich aufwendiges Traumspiel.

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