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Vereinigung der Hälften des Lebens

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Während das kommunistische Weltexperiment abgebrochen wird, weil sich die Menschen von der Freiheit mehr Gleichheit versprechen als von einem System, dessen oberstes Prinzip angeblich die Gleichheit selber ist, steht Andre Breton, jener Künstler, der sich berufen fühlte, die ästhetische Parallelaktion zu Lenin mit Despotenmanier zu lenken, derzeit im Mittelpunkt einer Pariser Ausstellung des Surrealismus. Noch immer gehört der Surrealismus gleichsam zu den Grundmustem der Moderne.

Es ist jedoch eine der Besonderheiten von Alfred Kolleritsch, daß er jahrzehntelang all diesen Modemismen als Redakteur offen gegenüber stand, nun aber - sicherlich auch als Ergebnis eines sehr komplexen Assimilationsvorganges der Moderne -eine höchstpersönlich eigenständige schöpferische Position gewonnen hat.

Völlig frei von extremistischen Allüren der Avantgarde sind es vor allem Liebes- und Ehegedichte, die Erlebnisse in Heim, Haus und Garten, welche die Phantasie des Lesers so weit und tief anregen, daß auch eine Privatmythologie mit einer surrealen Bildersprache allgemein verständlich und allgemein gültig wird. Hierbei erweist sich die Sinn-Energie des Denkers der Anschauungskraft des Dichters als ebenbürtig, so daß diese beiden Hälften des Lebens ein wunderbares Gleichgewicht erlangen: „In den Augen / quillt die Zunge auf / es lockt ein Wort / es schneidet Trennung / in das große Schaun...”

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