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Verlorene Liebesmüh'

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Die Verpflichtung, Jubiläen zu feiern, ist fatal. Vergessenes muß ausgegraben werden. Und da kaum noch große Meisterwerke aufzuspüren sind, greift man in die unterste Lade. Auch fürs Schubert-Festin der Kammeroper fand man natürlich prompt zwei Singspiele: „Claudine von Villa Bella“ und „Die Zwillingsbrüder“. Warum sie in den all den Jahrzehnten nicht gespielt wurden, verstehe ich jetzt allerdings auch.

„Claudine“, nach Goethe, ist ein Fragment. Eine kopflastige Ouvertüre und ein erster Akt stellen bloß die Personen vor, die da im zweiten und dritten miteinander turteln, gegeneinander kämpfen und sich schließlich im Happy end als Brautleute und Verwandte vorstellen werden. Wie es bei Goethe nachzulesen ist. Aber leider wurde die Musik zu diesem zweiten und dritten Akt von der Haushälterin des Schubert-Freundes Hüttenbrenner 1848 verbrannt. Und Walter Geliert mußte mit heroischem Mut dieses Nichts von einem ersten Akt inszenieren ... Womit man diesen Opernrest zum Schubert-Fest aber auch sofort vergessen sollte.

Komplett erhalten blieb zwar das zweite Schubert-Singspiel, aber sensationell ist es auch nicht. Dieses bescheidene Verwechslungskomödchen ist nicht einmal drollig zu nennen, zu simpel, zu naiv, zu musikalisch bescheiden ist die Geschichte von den „Zwillingsbrüdern“, die aus dem

Krieg heim- und einander immer wieder in die Quere kommen. Ich glaube gern, was Regisseur Geliert und der begabte junge Dirigent Alfred Eschwi versicherten: daß die Arbeit an diesen beiden Singspielen verlorene Liebesmüh' war.

Allerdings tat das Ensemble der Kammeroper - mit Ausnahme der begabten Amanda Benda und von Josef Oberauer - nichts dazu, diese Aufführungen wenigstens zu einem sängerischen Vergnügen zu machen.

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