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Vermarktetes Leiden

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Im „Studio“ des Klagenfurter Stadttheaters im Künstlerhaus nahm der in Split 1934 geborene Milan Grcic das Wort, der unter zehn anderen Stücken auch die Grotesk-Parabel „Ausverkauf im Verzeichnis hat, die deutschsprachig erstaufgeführt wurde.

Ein ausbaufähiger Einfall trägt dieses Gegenwartsmärchen, das von einer Wunderheilung erzählt: Aus Liebe zu einer Frau, die dieses Gefühls gar nicht würdig ist, nimmt Ivan das unheübare Gebrest ihres Kindes auf sich: der Knabe hüpft, Ivan lahmt. Das aber bringt die Spekulationsgelüste einer nahe der Pleite vegetierenden Gemeinde auf Touren. Ein skrupelloser Dorftyrann und seine Räte machen Ivan zum Kommerzobjekt: mit seiner Leidensfähigkeit lassen sich heilungsuchende Fremde anziehen - ein neuer Wunderort! Das Geschäft winkt und Ivan erduldet alles - den Buckel wie die Blindheit. Weil^sich aber an Hand einer Karte nachweisen läßt, daß er anatomisch nichts mehr zu verschenken hat, wird mit der Lepra der Ausverkauf besorgt:, ein Dollarmillionär wird rein, Ivan aber aussätzig und so eine Gefahr für seine Umgebung. Er-barmungslosigkeit und Undank von überall hat er zu ernten, bevor ihn der Revolverschuß eines Polizisten erlöst. Die Mächtigen aber begießen das Ge-

schäft und feiern den Aufstieg des Ortes und die eigene Bereicherung. Ihre Moral erinnert an Güllen im „Besuch der alten Dame“, nur daß dort Hl ein Grab mit schöner Aussicht erhält, Ivan aber eine Kalkgrube.

Kein - billiger v> Ausverkauf' ist's, den Peter Pikl inszenierte. Die Rollen geben einiges her und das Ensemble nützt es, allen voran der Bürgermeister Gerd Eichen mit der nötigen Brutalität und Schläue, dem die Räte Hanns Eybl und Herbert Mako, der vom Buckel befreit ward, gut assistieren. Stark die Leistung des Dulders Ivan, dem Berth Wesselmann Gefühl und Klage glaubwürdig zu geben weiß. Traude Gmeinbock stattet die Jelenämit allen Nuancen zwischen Dank und Undank aus. Eine ganz ausgezeichnete Journalistin liefert Hertha Favland ab.

Das Bühnenbüd war dem Kärntner Maler Karl Brandstätter anvertraut worden, der in den Mittelpunkt des Hintergrundes eine eher die Venus andeutende Madonna stellte und sich auch der Kostüme annahm. Seine eindrucksvollen, leicht im Umriß verschwebenden Arbeiten ermöglichten vor der Aufführung eine gut besuchte Vernissage. Es gab Beifall für Autor und Ensemble; er war verdient.

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