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Gottlob handelt es sich bei dem nüchternen, sachlichen Bericht über die leidenschaftliche Beziehung zweier Menschen um eine Erinnerung. Auf den ersten Blick ist man geneigt, dieses Spiel der Herrschaft und

Unterwerfung, über Sadismus und Masochismus für ein gültiges Dokument gegen die Verirrungen des Eros zu halten. Eine Fräu beschreibt verdächtig flott, wie sie durch eine Bindung der Hörigkeit an Selbstidentität und

Individualität allmählich verliert. Das wäre interessant. Immerhin ist die Berichtende diesmal eine Frau, so daß Henry Miller ein weibliches Gegenstück erhielt.

Aber was wurde alles nicht gesagt in diesem allzuflott hingeschriebenen Buch! Warum erfahrt man nicht, in welcher Weise diese Selbstauflösung des Ichs psychisch begleitet wird? Wieso soll Schmerz gleich Lust, Lust gleich

Schmerz sein? Wo sind die Widerstände der Seele, die sich dem „Davonschwimmen“ des Körperlichen entgegenstellen? Der Bericht reflektiert nicht, baut die Erlebnisse nicht in ein gesamtmenschliches Gefüge ein. Von der

Anlage her hätte dieser Bericht eine einzige Anklage gegen Pornographie und Überbewertung des Nur-Körperlichen werden können. Die Gelegenheit wurde vertan.

NEUN WOCHEN UND DREI TAGE: Von Elizabeth Mc Neil. Erinnerungen an eine Liebeserfahrung. Rowohlt-Verlag, Reinbek bei Hamburg 1979, 157 Seiten, öS 144,30.

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