6814214-1972_51_08.jpg
Digital In Arbeit

„Volksempfinden''

Werbung
Werbung
Werbung

Der Verkauf von Schweizer Grund und Boden an Ausländer hat auch im Jahr 1971 erneut zugenommen. Rund 5000 Gesuche auf Grunderwerb wurden von Ausländern gestellt — knapp 4 Prozent davon abgelehnt. Dadurch gingen erneut 3,3 Millionen Quadratmeter Schweizer Bodens (1970 waren es 2,9 Millionen) in ausländische Hände. 330 Hektar Land sind ohne einen Schuß erobert worden, sie kosteten die Erwerber 750 Millionen Franken. Im Jahr zuvor waren es noch 568 Millionen gewesen. Rund zwei Drittel der verkauften Fläche waren Bauland, ein Fünftel entfiel auf Wohnhäuser, der Rest auf gewerbliche Grundstücke.

Der „Ausverkauf der HeimaV, wie ihn James Schwarzenbach seit Jahren als Menetekel an die Wand der Schweizer Lokalpatrioten malt, hat also trotz der 1961 erlassenen „Lex von Moos“ — so genannt nach dem damaligen Bundesrat (Minister) von, Moos — munter wieder zugenommen. Vor allem die Kantone>Wallis, Graubünden und Tessin haben alle Maschen dieses Gesetzes wahrge. nommen, um den Verkauf an Ausländer, die dann als begehrte Steuerzahler aufgenommen wurden, zu unterstützen.

Jetzt hat der Bundesrat in Bern erneut die Alarmglocke gezogen. Erst im Juni dieses Jahres wurde schlagartig der Rolladen vor den Verkaufsgeschäften heruntergelassen, als Abwehrmaßnahme gegen den ungehemmten Zufluß ausländischer Gelder. Innerhalb von zwölf Stunden wurde lapidar verkündet: Der Abschluß von Rechtsgeschäften zum Erwerb von Grundstücken in der Schweiz durch Personen im Ausland wird für begrenzte Dauer untersagt. Vier Monate später wurde diese Notverordnung aufgehoben. Jetzt soll an Stelle des totalen Ver. bots eine wesentlich schärfer gefaßte Bewilligungspflicht treten. Vor allem bekommt der Bund ein Beschwerderecht gegen kantonale Bewilligungen — in der Schweizer Justiz ein absolutes Novum. Außerdem wird sozusagen an das „Volksempfinden“ —> Schwarzenbach kann sich freuen —> appelliert: Nicht nur Amtspersonen, sondern jedermann ist zur Mitteilung von Verstößen gegen die Bewilligungspflicht angehalten.

Die Schweizer selbst hatten zunehmend das Nachsehen: mit den finanzstarken Ausländern konnten die meisten von ihnen nicht mehr Schritt halten.

Eine Entwicklung, die auch für Österreich genauere Beobachtung nahelegt.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung