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Vom Frust einer Supermacht

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Der Befreiungstheologe und Ex-Priester Jean-Bertrand Aristide wurde vor zwei Jahren als gewählter Präsident Haitis von den Offizieren verjagt. Da die USA heute Putsche nicht mehr dulden, kam es zu Wirtschaftssanktionen, die Gespräche erzwangen. Verhandlungen sollten einerseits Aristide - politisch gezähmt! - zurückbringen, und andererseits dem haitischen Großbürgertum eine korrekte Verfassungsentwicklung schmackhaft zu machen.

Der Weg dafür schien frei zu sein; der 30. Oktober war als Letztdatum angesetzt; 1.300 UN-Blauhelme sollten sicherstellen, daß die Anti-Aristide-Front keine Chance bekäme. US-Sonderbotschafter L. E. Pezzullo sollte gemeinsam mit dem UN-Chef beauftragten Dante Caputo dafür sorgen, daß bei der Operation im entscheidenden Moment nichts schief liefe.

Im Gefolge von Mogadischu ist es dennoch passiert: einige Dutzend amtlich geduldete Schläger -die „Attaches', früher Tonton-Ma-coutes - randalierten vor den Docks von Port-au-Prince in einem Maß, daß zunächst der US-Transporter, als Vorhut der UN-Kontingente, die jetzt das Embargo absichern, verschreckt umkehrte.

Haitis Putschgeneral Raoul Cedras und Polizeichef Joseph Michel Francois können jubeln, weil es ihnen gelungen ist, die „Inter-ventoren" zu verjagen. Sie stoßen auf Echo, weil die USA bisher dreimal auf Haiti militärisch intervenierten: 1891, 1914 und 1915 bis 1934 - im letzten Fall mit blutigen Bauernaufständen unter Charle-magne Massena Peralte, an den man sich als Volkshelden gegen die „Imperialisten" gut erinnert. Aus dieser Sicht ist auch Aristide als „Büttel der Weißen" diskreditiert. Das ist kein gutes Omen.

Der Ausweg, der sich vielleicht bietet, wäre ein konsequenter Verzicht der USA auf eigene UN-Truppen im Falle Haitis, um Kanadiern, Lateinamerikanern, französischsprachigen Afrikanern und -warum nicht? - Österreichern den Vortritt zu lassen.

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