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Vom Grenzwald

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Im Waldgebirge an der Grenze

geht es nicht richtig zu: es heißt,

die Örtlichkeiten wechseln dort.

Auf finstrem Fichtenrücken trittst

du Wandrer plötzlich ins Besonnte:

im goldnen Wiesenblühn liegt da

und dort ein allzuschönes Haus,

der Brunnen quillt von selbst, es weht

bewohnt aus Fenstern, aber lächelnd

entziehn sich unter Bäumen und

verschwinden, die du fragen willst;

und drehst du dich, ist da nur Wald

wie früher und weiß von nichts. Auch kommst

du an ein Feld, drin Sichler stehn,

die machen dir viel Zeichen, dringend,

mit Laden und Versprechen; geh

vorüber! Schau dich um: ein Schlag

mit Baumstümpfen verblieb allein.

Nicht Ort nur wirrt, auch Zeit, und viel

gefährlicher. Gerätst du ins

Begräbnis, altertümlich schwarz

Gekleideter: die Krähen sinds,

verzaubert Urzeitleute, außer

einmal im Jahr; solang bleibst du,

gebannt in ihre Schar, verschollen.

Man hat gehört, daß Kinder singend

mit Wandrern niederstiegen: denn

die wußten nirgends hinzugehen,

so anders war die Welt. Doch wenn

im Rot die Blitze fallen, wenn

dort droben alles aufgewacht

und rege ist: dann steig hinauf,

das Glück erwartet dich, dann stehn,

ewig ersehnt, die Grenzen offen:

Es kehrt' noch keiner wieder, der

hinaufgemußt, als hätt der Weg

gerufen, in der Wettemacht.

Denn dort gehts in ein andres Reich.

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