Vor allem der Stadtbewohner steht dem ländlichen Mundartge- dicht oft mit Skepsis gegenüber. Kunstwerke in Obersteirisch? Nein, sagt der Hochmut. Aber halt! Hier ist es bewiesen! Große Kunst in ländlicher Mundart. Hier gibt es sie, und zwar jenseits jeder Rätsel- rate-Sprachakrobatik, jenseits von Konstruktivismus und gekünstel- ten Krampfüberraschungen. Was der beste Josef Weinheber für Wien war, ist Martha Wölger für die Steiermark, mehr noch, für den ganzen deutschsprachigen Raum, denn mit Franz Karl Ginzkey kann hier gesagt werden: „Ein Buch, ... ich schlug es auf,... und sieh, es war ein Mensch darin!"
Ob nun vom Wildbach erzählt wird oder vom verlaufenen Kalb, vom Apostel Petrus, von Magdale- na oder vom Gartenzwerg, immer spricht eine tief empfindende Men- schenseele, und die im Erzählten versteckte Botschaft geht ohne jeden Umweg direkt von Herz zu Herz. Für den vorliegenden Sam- melband wurden die bisher erschie- nenen acht Bücher der heuer sieb- zig Jahre alten Autorin benutzt, und die Auslese mag hier oder da zu
weiterer, sicherlich immer beglük- kender Auseinandersetzung mit Martha Wölger anregen.
DAS GROSSE MARTHA WÖLGER BUCH. Styria Verlag, Graz/Wien/Köln 1990. 191 Sei- ten, öS 220,-.
