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Warten auf Nepal

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„In Nepal obn gibts Bergbauem, die sin so an die dünne Luft gwöhnt, daß sie fast ohne Sauerstoff leben können. Die marschiern stur hinter ihm Pflug her, hinter ihre Schneeberg. Und unten im Flachland hatschn die Amerikaner und Japaner durch die Gegend, mit an Schnorchl in da Goschn.” Nepal: Das ist die heile Traumwelt, in der noch gelebt werden kann, ohne daß die Zivilisation einen langsam erstickt, ohne daß man selbst zum Roboter wird; Nepal - das ist die Chiffre für ein Dorado, für den ersehnten, aber nie erreichten Zielpunkt eines sinnlos scheinenden Daseins.

„Nepal”: Das ist schließlich ein vor kurzem uraufgeführtes Zweipersonenstück des Schweizers Urs Widmer, in dem Hans und Heli oder Erhard und Fritz (oder wie man sie eben nennen will), auf einem nicht näher definierten Dachboden - einem Ruheplatz auf der Flucht vor der Leistungsgesellschaft - sich wie weiland Wladimir und Estragon auf dem Beckettschen Plateau die Zeit mit allerlei sinnvollen und absurden Spielchen vertreiben. Sie erfinden pausenlos Geschichten füreinander, arbeiten an Nonsens-Erfindungen, bodenlose Abgründe tun sich ganz realiter auf, schreckliche Geräusche verfolgen sie bis in ihr Versteck. Beckett ist allgegenwärtig, nicht nur in den Figuren dieser Halbclowns, auch in den Requisiten (so finden sich selbst die Bananen-Gags des Krapp auf dem „Letzten Band” hier wieder). Nur daß eben die Dialoge ganz konkrete Personen, Orte, Vorkommnisse benennen und das Ende der langen Konversation auch das Ende einer seltsamen Zweierbeziehung bringt.

Widmer hat das Stück für „Umgangssprache”, zunächst also in Schwyzerdütsch, geschrieben. Reinhard P. Gruber und Sissi Tax haben es für Graz zurechtgemacht und ins Gra- zerische umgeschrieben. Wer sich von der Uraufführung (dieser Fassung) mehr als einen gutgespielten und gut präsentierten, von lokalen Anspielungen strotzenden Bühnendialog erwartet hatte, wurde enttäuscht. Der Einfallsreichtum der Autoren und das komödiantische Zusammenspiel von Fritz Holzer und Erhard Koren konnten die Längen und eine gewisse Banalität des Textes nicht ungeschehen machen.

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