Das. leider brennend aktuelle Thema „Wir und die anderen" hat sich das dritte internationale Erich-Fried-Symposion als Thema gewählt. Die Betroffenheit war denn auch bereits bei der Eröffnung spürbar. Wiens Kultur-stadträtin Ursula Pasterk gab mit einem Erich-Fried-Zitat die Linie vor: „Menschen, die sich in sich selbst nicht auskennen, sehen in anderen immer eine Gefahr." Doch meinte Pasterk auch, daß man die Ängste und Befürchtungen der Bevölkerung ernst nehmen müsse.
Prominenter Teilnehmer der Veranstaltung war Ernst Jandl. Er äußerte Zufriedenheit über den Titel des Symposions, da darin alle Konflikte, Entzweiungen und Distanzierungen, die wir im Europa des ausgehenden 20. Jahrhunderts erleben und erleiden, stecken. Es sei fürchterlich, dem Gemetzel zusehen zu müssen, sagte Jandl und weiter: „Ich fürchte, daß unsere Linie auch im nächsten Jahr
Grundthema dieses Symposions sein wird. Sollte es anders sein, wäre ich überglücklich!"
Parallel zum Symposion eröffnete das Literaturhaus eine Erich-Fried-Ausstellung mit Dokumenten, Fotografien und Videos. Ein Höhepunkt war die Lesung von Kindern nicht deutscher Muttersprache aus dem Buch Helga Glatschnigs „Lexikon der Falschheiten", die unter dem Titel „Deutsch ist meine neue Zunge" lief. Viel beachtet wurde auch die Veranstaltung „Wir und die psychisch Kranken". Dabei stellte Leo Navratil aus Gugging, der psychisch Kranke angeregt hat, sich künstlerisch mit ihrer Welt auseinanderzusetzen, Ergebnisse dieser Arbeit vor. Ernst Jandl trug unter anderem Gedichte des „erfolgreichsten" Patienten Leo Navratils vor, nämlich jene Ernst Herbecks, die nun schon in Buchform erhältlich sind (Residenz Verlag).
Nach den Anfangsschwierigkeiten dieser Veranstaltung (etwa wegen der Einladung von DDR-Autoren, die hymnische Gedichte auf das Regime verfaßt hatten) stand heuer die Betroffenheit im Zentrum. Zu einigen Fragen gab das Symposion Antworten,, doch mehr mußten offenbleiben.
