7052834-1991_07_14.jpg
Digital In Arbeit

Wunde im Osten

Werbung
Werbung
Werbung

Christa Peikert-Flaspöhler, die 1983 im internationalen Wettbewerb für christliche Literatur preisgekrönte Lyrikerin, hat den Mut, die schmerzhafte Wunde in dem neuentstandenen Europa nicht zu verleugnen: Deutschlands Ostgrenze. Sie tut dies aber nicht, um die Wunde offen zu halten und daraus einen Eiterherd zu züchten, sie will heilen. Just deshalb, weil ihr Schmerz als Schlesierin so tief reicht, vertraut sie nicht auf politische Pragmatik, sondern nur auf die geistige Auseinandersetzung, auf die von religiösen Glaubenskräften genährte Liebe. Nur diese wird grenzüberwindend zu größeren Gemeinschaften führen.

In den Anrufungen der heiligen Hedwig, der Schutzpatronin Schlesiens, werden die Stimmen der Vertriebenen im Westen und der noch immer Rettungsbedürftigen im Osten in einer zweistimmigen Litanei vereinigt und ausgesöhnt. Sieben Farbtafeln aus dem Hedwigs-Codex 1353 vermitteln uns mit der sensiblen Eleganz gotischer Linearität das Zeitlose und überzeitliche im Lebensgang einer Frau: Einer Mutter von sieben Kindern,

Gründerin eines Frauenklosters, Anwältin der Armen und Hilfsbedürftigen, weibliche Stimme der Gnade und des Mitfühlens überall dort, wo der Buchstabe des Rechts männlich vorzuherrschen droht. Und schließlich die Beterin, die in ihrer Bitte für andere Erhörung findet.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung