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Digital In Arbeit

Wunderliche Dinge

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Bitteschön, ich will mich ja nicht verallgemeinern: Das allerlustigste, allerunheimlichste und allerentzückendste Spielzeug meines Lebens ist meine Schreibmaschine, darüber gibt es auch nicht den allerwinzigsten Bruchteil all der Worte zu verlieren, die sie im Lauf der Jahre hervorgebracht hat. Allerdings war sie das nicht von Anfang an, sie ist erst im Lauf dieser Jahre dazu geworden.

Anfangs war sie vor allem entzückend, so superproper, mattbeiger Schrumpflack, blitzendes Chrom und schwarzweiß spiegelnde Tasten, über die mein neugieriger Zeigefinger hüpfte; irgendwann, als da Dinge herauskamen, die ich zunächst gar nicht abgesehen hatte, wurde sie auch richtig unheimlich, weil sich nicht mehr abschätzen ließ, was alles vielleicht noch in ihr drinsteckt; da man sich jedoch mit der Zeit auch an das Unheimliche gewöhnt, ist sie inzwischen zumindest ebenso lustig.

Das ist der Stand meiner Dinge, weil aber dem einen sin Uhl dem andern sin Nachtigall ist und all- zuvielen die Schreibmaschine kein Spielzeug, möchte ich Ihnen (oder: „ihnen“) das Zweitlustigste, Zweitunheimlichste und Zweitentzückendste empfehlen: Es schaut aus wie ein Kaleidoskop, hat aber am Ende keine Mattscheibe mit ein paar bunten Glassplittern davor, sondern einfach eine kreisrunde Scheibe aus klarem Glas, sodaß der Ausschnitt der Wirklichkeit, auf den man die Röhre ganz beliebig richtet, sich — so wie beim Kaleidoskop die Splitter oder Steinchen — sternförmig zu einem wunderbaren Muster versechsfacht. Selbst das Unscheinbarste und Häßlichste verklärt sich auf diese Weise zu zauberhafter Schönheit. Eigentlich mehr Wunder als Spiel. Wie das Zeug heißt, weiß ich nicht, aber wenn Sie es den Leuten in Ihrem Spielwarenladen zu beschreiben verstehen, werden Sie ein lustiges, unheimliches und entzückendes Spielzeug zu einem Spottpreis angeboten bekommen.

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