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Zu schön

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Wilhelm Kempff hat ein Buch geschrieben und legt schon im Titel Wert darauf, daß man hier keine Biographie erwarten darf. Der greise Meister bietet winzige Geschichtchen, mäßig markante Anekdoten, kurze Impressionen von seinen ungezählten Reisen, nie aber Persönliches, bestenfalls gebildete Reflexionen, aber auch die in seltsam angelernt wirkender Art. Alles soll wohl wirkungsvoll und „schön" sein und wirkt dann wie ein aufgeklebter falscher Bart.

Der große Pianist, der den Musikfreunden eines halben Jahrhunderts und der ganzen Welt so viel zu. geben vermochte, fühlt sich bemüßigt, aber auch rein alles durch die Brille des Musikers zu sehen, auch dort, wo diese Betrachtungsweise abgegriffen, gewaltsam und aufdringlich wirkt:

„Müd gelaufen fand ich mich dann zur Zeit des Sonnenuntergangs bei der Villa Medici ein und horchte auf das, was mir die kleinste, aber auch die schönste aller Fontänen Roms zu erzählen hatte. Klang ihr Geplätscher nicht wie das Tongeriesel des Schubertschen As-Dur-Impromptus?"

So zeichnet, er das Bild eines Virtuosen, wie man es aus billigen Filmen schon lange satt hat.

Der knappe Lesestoff ist durch meisterhafte Landschaftsfotos und einige interessante Schnappschüsse aus dem Berufsleben bereichert.

WAS ICH HORTE, WAS ICH SAH. Reisebilder eines Pianisten. Von Wilhelm Kempff. Verlag Piper, München - Zürich 1981.179 Seiten. Ln., öS 273,60

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