Die rabbinische Tradition führt die Feier des Neujahrsfe- stes auf die biblische Anordnung zurück: „Der erste Tag des sieb- ten Monats soll bei euch ein Ruhetag sein, ein Gedächtnis- tag mit Hörnerschall, eine heili- ge Festversammlung" (Lev 23,24). Das Blasen des Widder- horns, des Schofar, gehört zum Festbrauch des jüdischen Neu- jahrsfestes. Was der Beter emp- findet, wenn der Schofar ertönt, ist an einer Stelle des Morgenge- bets deutlich gesagt:
Wir treten vor das Gericht,
wenn Er sich beim Posaunen- schall erhebt,
um die Erdenbewohner zu er- schüttern.
Mit dem Schofar wollen wir ihn versöhnen.
Der tiefe Sinn dieses Festes liegt in der Bewältigung von Schuld angesichts unerschütter- licher Hoffnung. Die Anteilnah- me an Festen anderer Religio- nen müßte in einer pluralisti- schen Gesellschaft selbstver- ständlich sein. Dazu gehört auch der Wunsch für ein Gutes Neu- jahr, den Christen an Juden rich- ten. Nicht die schon zum Ge- meinplatz gewordene Aufforde- rung zu gegenseitigem Kennen- lernen sollte als Begründung da- fürgelten, sondern vielmehr der Wunsch nach geistig fruchtba- rem Austausch menschlicher Er- fahrung imRaum des Göttlichen.