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Zwei Fahnen, zwei Sprachen

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Ein neuer Gouverneur und eine neue Stimmung unter der Bevölkerung von Puerto Rico machen die Karibikinsel für Washington, wo die Clinton-Administration auf Sparkurs setzt, zum Problem. Eine Volksabstimmung soll noch heuer klären, ob die Insel ein US-Bundesstaat sein will.

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Ein neuer Gouverneur und eine neue Stimmung unter der Bevölkerung von Puerto Rico machen die Karibikinsel für Washington, wo die Clinton-Administration auf Sparkurs setzt, zum Problem. Eine Volksabstimmung soll noch heuer klären, ob die Insel ein US-Bundesstaat sein will.

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Mit dem Wechsel im US-Präsidentenamt wechselte auch in San Juan auf Puerto Rico die Regierungsmannschaft. Die Vorherrschaft des Partido Populär Democratico (PPD) mit Gouverneur Rafael Hernandez Colon wurde gebrochen. Jetzt unterstehen die Regierungsgeschäfte dem den US-Demokraten nahestehenden Partido Nuevo Progresista (PNP). Daß deren Kandidat Pedro Rossellö die Gouverneurswahl gewann, hat mit seiner Entschlossenheit zu tun, noch heuer -oder spätestens 1994 - mit einem Plebiszit die Statusfrage der Insel zu klären - eine Frage, um die sich sein Vorgänger drückte.

1898 von Spanien an die USA abgetreten, ist Puerto Rico seit 1952 ein „assoziierter Freistaat”. Damit fuhr die Insel nicht schlecht, weil die Bewohner (deren Vertreter im US-Senat allerdings kein Stimmrecht haben) Anspruch auf US-Sozialleistungen haben, ohne Bundessteuern zahlen zu müssen. Zudem sorgte eine besondere Entwicklungsgesetzgebung mit vielen Vergünstigungen für die Niederlassung von Industrien für hochwertige verarbeitete Produkte.

Inzwischen verfügt die einladende Touristikinsel mit der prächtig renovierten Altstadt von San Juan nicht nur über attraktive Einkaufsviertel, sondern auch über ein leistungsfähiges Standbein in der industriellen Produktion. Obendrein haben die USA (nach der Intervention in Panama) ihren größten Marinestützpunkt auf Puerto Rico, sodaß das Territorium strategisch aufgewertet ist.

Die volle Unabhängigkeit will eigentlich niemand, sieht man vor ein paar tausend Hitzköpfen der PlP-Un-abhängigkeitspartei ab. Hatte der Bundesstaatsstatus vor wenigen Jahren noch die Begeisterung der americo-philen Puertoricaner ausgelöst, so hat sich die Stimmung geändert: Neuerdings ist man auf Puerto Rico auf das spanische Erbe stolz; Gouverneur Hernandez Co Ion erklärte denn auch 1991 Spanisch als die einzige Staatssprache. Und als dieser Tage der neue Gouverneur Rossellö mit dem Satz .Jetzt haben wir zwei Hymnen, zwei Fahnen und zwei Sprachen'' eine Order unterzeichnete, die Englisch zur zweiten Staatssprache machte, demonstrierten in San Juan 100.000 Menschen für „Nur-Spanisch”.

Ist also der Ausgang des Plebiszits in Puerto Rico mit einem „Ja” zum Bundesstaat keineswegs gewiß, so zögert auch in Washington der US-Kongreß. Bill Clinton will jedenfalls die kostspielige Sonderbehandlung der Industriefertigung auf der Insel einsparen - was für 2.000 Fertigungsbetriebe mit 300.000 Beschäftigten dramatische Veränderungen brächte.

George Bush hatte Anfang Dezember 1992 Rosellös Ankündigung, er würde endlich für eine Klärung des Status von Puerto Rico sorgen, mit einem Memorandum beantwortet, das allen Behörden empfahl, Puerto Rico „wie einen Bundesstaat” zu behandeln. Bill Clinton ist jedoch an dieses Memorandum nicht gebunden. Dennoch muß die Statusfrage in Washington geklärt werden, weil auch die US-Virgin Islands, östlich von Puerto Rico ihren Status gegenüber Washington definiert haben wollen.

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