Hella Pick Zeitzeugin - © Foto: APA / Parlamentsdirektion / Thomas Topf

Hella Pick: Vom Flüchtlingskind aus Wien zur journalistischen Legende

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Das bewegte Leben der jüdischen Zeitzeugin und Journalistin Hella Pick

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Das bewegte Leben der jüdischen Zeitzeugin und Journalistin Hella Pick

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Sie war die erste Frau in der männerdominierten Medienwelt, sie traf John F. Kennedy, Willy Brandt oder Nicolae Ceausescu – und sie berichtete fast 30 Jahre für den britischen Guardian als Korrespondentin für Mittel- und Osteuropa: die 1929 (nach anderen Quellen 1927) in Wien geborene Hella Pick. Dabei war ihre Karriere keineswegs vorgezeichnet. 1938 war Pick über die Kindertransporte nach England gekommen, was der jungen Jüdin das Leben retten sollte. In ihrer neuen Heimat besuchte sie eine englische Privatschule, absolvierte später die renommierte „London School of Economics“ und begann bei der Zeitschrift West Africa als Journalistin.

Bald wechselte sie jedoch zum linksliberalen Guardian, für den sie auch oft über Österreich berichtete. „Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass Österreich judenfeindlich oder antisemitisch eingestellt ist“, erklärte Pick Ende 2023 im Parlament in Wien bei einer Veranstaltung von „Zikaron BaSalon“ (Erinnerung im Wohnzimmer) – einem Verein, der seit 2011 weltweit Gespräche mit Zeitzeugen über die Schoa veranstaltet. „Aber ich habe immer Angst gehabt, mich als Jüdin zu bekennen.“ Erst die Bekanntschaft mit Simon Wiesenthal, dessen Biografie sie 1999 für den altösterreichischen Verleger George Weidenfeld verfasste, brachte sie dazu, „mich mit meiner jüdischen Identität und der jüdischen Kultur zu beschäftigen“. Bruno Kreisky habe Österreich für die Welt geöffnet, auch durch die Unterbringung von UNO-Organisationen, so Pick. Aber seine haltlosen Angriffe auf Wiesenthal als „Gestapo-Spitzel“ habe sie als unwürdig empfunden. 1999 folgte ein Buch über Österreich mit dem Titel „Guilty victim“. „Ein Titel, der Österreich eigentlich sehr gut beschreibt“, erklärte Pick, die nach dem Brexit die österreichische Staatsbürgerschaft annahm.

Ihre eigene Autobiografie „Unsichtbare Mauern“ erschien schließlich 2022. Überaus positiv bewertete sie zuletzt, „dass das offizielle Österreich sehr viel macht, um den Antisemitismus zu bekämpfen“. Als „Botschaft an die Jugend“ mahnte Hella Pick – nebstbei Commander of the British Empire und Trägerin des Goldenen Ehrenkreuzes der Republik Österreich –, „dass sich junge Leute nicht auf die verzerrten Inhalte der sozialen Medien verlassen, sondern sich wirklich bei vertrauenswürdigen Quellen informieren sollen“. Noch im Jänner dieses Jahres schrieb sie selbst einen Artikel über den Krieg im Gazastreifen. Am 4. April ist Hella Pick 94-jährig in London gestorben.

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