Das soziale Netz sind wir alle

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Eine beliebte Metapher für eine solidarische Gesellschaft ist das Netz: Die sozialpolitische Debatte bemüht immer wieder das Bild vom sozialen Netz, das die Menschen auffangen soll, wenn sie es benötigen. Denkt man über das damit gezeichnete Bild nach, erweist es sich zunächst als historisch überholt, weil der Sozialstaat in seiner heutigen Gestalt als Wohlfahrtsstaat längst über jenes Netz hinaus entwickelt ist, das für seine Anfänge prägend war. Die wohlfahrtsstaatlichen Paradigmata von Umverteilung und Förderung lassen sich in der Netzmetapher nicht abbilden.

Dennoch ist die Vorstellung eines Netzes auch heute noch zutreffend, wenn man das Netz nicht als Objekt sieht, das einen Bedürftigen auffängt, sondern als Instrument der Kohäsion einer Gesellschaft: Der Wohlfahrtsstaat bildet so gesehen ein Netz aus Menschen, die sich gegenseitig halten, und nicht eine Sicherungsinstanz, von der man gehalten wird. Mit dieser Vorstellung können mehrere Konsequenzen verdeutlicht werden: Zum einen, dass die Verbindungslinien innerhalb des Netzes nicht nur im Notfall bestehen, sondern Strukturmerkmale sind, an denen jeder wesensimmanent beteiligt ist, weshalb man sich immer -entsprechend seinen Kräften -bei der Gestaltung und dem Erhalt des Netzes einbringen soll. Zum anderen, wie wichtig es ist, dass sich die Menschen nicht bloß als Konsumenten, sondern als Beteiligte des Netzes begreifen: Verantwortung zu übernehmen, dass die Verbindungslinien im Netz tragfähig bleiben, auch wenn man deren Hilfe (noch) nicht benötigt.

Und schließlich, wie wichtig es ist, dem Netz keine gesellschaftlichen Themen aufzulasten, die auch in Eigenverantwortung gelöst werden können. Andernfalls besteht nämlich die Gefahr, dass das Netz reißt, auch wenn noch kein Sicherungsfall eingetreten ist.

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