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Aus der Reihe "Weniger bekannte Gemeinsamkeiten von Österreichern und Deutschen": Beide Nationen bevorzugen es mittelschwer, wenn sie an Ostern den Leidensweg Jesu nachempfinden. Das ergab die Recherche bei Mazin Kanaan, Muslim, arabischer Israeli und stolzer Besitzer des Kreuzverleiher-Monopols am Beginn der Via Dolorosa in Jerusalem. Seine Familie lebt über Generationen hinweg davon, christlichen Pilgern selbstgeschreinerte Kreuze auf die Schultern zu legen. Am Karfreitag hat er naturgemäß Hochsaison.

Mittelgroß und mittelschwer -der Favorit bei den österreichischen und deutschen Kreuzträgern wiegt 18 Kilo und ist zwei Meter lang. Dass Mazin als Muslim mit christlichen Symbolen sein Auskommen hat, findet er als nichts Besonderes. Natürlich hat Mazin nicht nur die Mittelklasse im Angebot. Im Sortiment sind Kreuze von fünf bis 50 Kilo. Die Asiaten wählen meist die schwerste Variante. Und die leichteste? - Die Italiener.

Die muslimischen Familien Nuseibeh und Jehoudeh teilen sich seit Jahrhunderten die Schlüsselgewalt über die christliche Grabeskirche. Jeden Morgen um 4 Uhr ziehen zwei männliche Vertreter der Familien vor den Kirchhof und beginnen mit dem feierlichen Öffnungsritual. Tagsüber sitzen sie auf einem Bänkchen links vom Eingang und grüßen huldvoll die Besucher. Bis zur Schließungszeremonie nach Einbruch der Dunkelheit.

Der Grund, warum die Schlüsselgewalt über eines der wichtigsten Heiligtümer der Christen bei Muslimen liegt, ist schnell erklärt. Die sechs für die Grabeskirche zuständigen christlichen Konfessionen sind über deren Nutzungsrechte seit Jahrhunderten so zerstritten, dass schon im Jahr 1187 Sultan Saladin entschied, es sei besser, die Schlüssel unbeteiligten Dritten zu überlassen.

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