"Kein Übel bleibt 100 Jahre"

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Eine Prise Optimismus? Die NGO Conciudadania denkt nicht ans Aufgeben.

Die Furche: Herr Cardona, wofür sieht sich die kolumbianische Regierung überhaupt noch zuständig?

Alonso Cardona: Vor allem für Sicherheitsfragen. Das meiste Geld fließt ins Militär, dennoch wächst die Gewalt. Vor allem dort, wo die Nationalarmee schwach ist, boomt das Verbrechen.

Die Furche: Gibt die viel gelobte Entwaffnung der Paramilitärs Anlass zur Hoffnung?

Cardona: Nein. Denn eines ist klar. Deren Macht und Besitz werden jetzt legalisiert und sie streifen den Lohn für getane Arbeit ein: Land und Straffreiheit. Die Anführer triumphieren ...

Die Furche: ... und die Ex-Kämpfer?

Cardona: Naja. Die Regierung zahlt ihnen 18 Monate lang ein Mindestgehalt, damit sie nicht wieder ihrer "Arbeit" nachgehen müssen. Bei den einen funktioniert es, andere machen trotzdem weiter wie bisher, landen dann aber im Gefängnis. Das hat sich verbessert.

Die Furche: Insgesamt ist aber keine wirkliche Veränderung in Sicht?

Cardona:Viele geben ihre Waffen nicht wirklich ab. Sie ziehen sich in Regionen zurück, wo die Nationalarmee schwach ist; in dünn besiedeltes Gebiet. Zum Beispiel in den Chocó.

Die Furche: Täter und Opfer werden zu Nachbarn. Wie soll das funktionieren?

Cardona: Es ist wirklich sehr schwierig. Wir versuchen zu vermitteln. Aber ob ein friedliches Nebeneinander möglich ist? Ich weiß es nicht.

Die Furche: Wer denkt in dieser Situation Ihrer Meinung nach ans Aufgeben? Oder anders gefragt: Wer ist das schwächste Glied?

Cardona: Die Armen. Und denken Sie daran, das sind in Kolumbien inzwischen rund zwei Drittel der Bevölkerung. Vor allem aber Afrikaner, Indios und sehr viele Kinder, Jugendliche und Frauen. Nicht zu vergessen die rund drei Millionen Vertriebenen, wobei die meisten vom Land kommen.

Die Furche: Die Menschen werden vertrieben oder sogar ermordet. Wie sieht Ihr Kampf gegen Windmühlen aus?

Cardona: Ich finde nicht, dass es ein Kampf gegen Windmühlen ist. Wissen Sie, bei uns gibt es ein Sprichwort: "Kein Übel bleibt 100 Jahre." Die Dinge ändern sich, aber langsam. Auch, wenn es nicht so aussieht. In Kolumbien entscheidet der Faktor Zeit.

Das Gespräch führte Sonja Burger.

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