Das Glück der Passion

Werbung
Werbung
Werbung

"Ist es möglich, zu glauben, man könnte einen Gott haben, ohne ihn zu gebrauchen?", fragt Rainer Maria Rilke, und die Antwort lautet -es überrascht nun gar nicht: "Ja, es ist möglich." Diese Klarheit hat etwas Tröstliches, wiewohl oder gerade weil sie die Enttäuschung über den Menschen unverborgen vor Augen stellt. Jede Täuschung indes hat ihre Zeit und ihre Mittel und findet einen Menschen, der sich vermarkten lässt als Täuschungsguru mit seinem entsprechenden gefügigen Gefolge. 1938.2018.

Insonderheit. Das Wort hat mir immer gefallen. Es will hervorheben, das Besondere in einer stillen, bewussten Erhabenheit betonen. Ich brauche dieses Wort jetzt, weil ich eine Freude sagen will und muss und weil ich daran glaube: Insonderheit haben wir die Passion. Das Aber der Passionszeit ist die Sinndehnung eines einzigartigen Gegenglücks dessen, der sich der menschlichen Unmöglichkeit annahm, dem Menschen ein Mensch zu sein. Das ist das Glück der Passion des Jesus, dass er die Normopathien aller Zeiten mit seiner Lichtliebe durchkreuzt. Von unendlicher Anmut bleibt diese eine Lichtgestalt, die jedwedes Leben mit Wahrnehmung, Sinn und Ermutigung gewürdigt hat. Für immer und je. In der bewussten Zulassung aller Finsternis, die er vollkommen ungeschützt in sein Selbst zog, leuchtet auch das Dunkel dieser Zeit neu ein als Auftrag und angewandte Hoffnung: dass jedes Wesen eine geheiligte Eigenheit in sich trägt, ein Innenleben, ewiggültig aus gehimmeltem Gottesgrund.

Geliebte Würdigung des Daseins, darin die "Waffen Gedichten erliegen", wie Konstantin Wecker meint, und Religionen aus der Gottesliebe sind und wieder werden. "Ist es möglich, dass es Leute gibt, welche 'Gott' sagen und meinen, das wäre etwas Gemeinsames?" Ja, es ist möglich, insonderheit durch dich, insonderheit durch mich.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung