Drei Wege durch Graz

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Graz ist Kulturhauptstadt auch für zahlreiche Frauenprojekte - darunter die FrauenWEGE - , die den religiösen Leistungen von Frauen nachspüren.

Sie war vielseitig begabt, sehr belesen, intellektuell, couragiert und auch ein wenig exzentrisch: die Grazerin Sophie von Scherer. In einem offenen Sendschreiben bat sie 1848 die deutschsprachigen Bischöfe, die damals in Würzburg erstmals zu einer Art Bischofskonferenz zusammengekommen waren, der neuen "Los-von-Rom"-Bewegung, die bedenklich großen Zulauf hatte, entgegenzuwirken. Wichtig erschienen ihr in diesem Zusammenhang innerkirchliche Reformen, unter anderem etwa theologisch und biblisch fundierte Predigten, eine nachgehende Seelsorge für Ausgetretene sowie die Einführung der Landessprache im Gottesdienst.

Zeitgleich mit Sophie von Scherer lebte und wirkte Maria Schuber in Graz und Rom. Sie war pädagogisch versiert, hochangesehen, selbstständig und reiselustig. Die pädagogische Begabung scheint sie von ihrer Mutter - Maria Anna Schuber - zu haben. Mit Maria Anna Schuber sind die Anfänge des heutigen Grazer Bischöflichen Seminars verbunden. Ihr wird die Erziehung und geistliche Ausbildung der ersten Knaben anvertraut. Sie ist "durch volle acht Jahre in einer Person Regens, Generalpräfekt, Spiritual, Präfekt, Köchin und Putzfrau", so der Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann. Ihre Tochter - Maria Schuber - brach nach fast 25 Jahren als Gründerin, Leiterin und Lehrerin einer Grazer Privat-Mädchenschule zu einer einjährigen Pilgerreise über Rom nach Jerusalem auf. Ihre Reiseeindrücke schrieb sie - zurück in Graz - in einem Briefroman nieder, der sich so großer Beliebtheit erfreute, dass er mehrfach rezensiert und zweimal wieder aufgelegt wurde. Als über 70-Jährige ließ sich Maria Schuber dauerhaft in Rom nieder.

Am Beginn des 20. Jahrhunderts beeindruckte durch ihre Arbeit und ihr Leben die Ordensfrau Maria Klara Fietz viele. Hochgebildet und zugleich von einer großen Leidenschaft für Gott ergriffen, war sie für viele Menschen ihrer Zeit eine Lebensberaterin. Da sie im Ruf der Heiligkeit stand, wurde bald nach ihrem Tod, der Seligsprechungsprozess eröffnet. Ob des 1996 positiv abgeschlossene Tugendprozesses wird ihr der Titel "die Ehrwürdige" verliehen.

Frauen-Spuren

All diese Frauen und unzählige andere hinterließen in Graz deutliche Spuren, die jedoch kaum oder gar nicht wahrgenommen werden und bekannt sind. "Das Schweigen über kirchlich und religiös prägende Frauen steht in einem deutlichen Missverhältnis zu dem, wie die männlichen Gestalten der Kirchen- und Religionsgeschichte repräsentiert wurden und werden", bringt es die Kirchenhistorikerin Michaela Kronthalter auf den Punkt. Darum begab sie sich auf Spurensuche nach dieser Geschichte von religiös motivierten, kirchlich-gesellschaftlich oder -kulturell engagierten Grazer Frauen.

Mit detektivischer Akribie trug Kronthaler Informationen zu über 20 Grazer Frauen und Fraueninstitutionen zusammen, die einerseits in herausragender Weise zu den Kulturleistungen der Stadt Graz beigetragen haben und anderseits für heutige Frauen Vorbilder sein könnten. Damit ihre Erkenntnisse nicht wieder in Bibliotheken und Archiven verstauben und in Vergessenheit geraten, konzipierte sie die Idee der "FrauenWEGE". "Es geht darum, das weibliche Antlitz der Kirchengeschichte wieder zu entdecken und in den Blick zu nehmen, bedeutende Frauen der Vergessenheit zu entreißen und ihr Wirken sichtbar zu machen." So Michaela Kronthaler bei der Eröffnung und Präsentation des Projekts "FrauenWEGE".

Interreligiöse Initiative

Vorwiegend im Grazer Innenstadtbereich machen drei thematisch, interreligiös und überkonfessionelle gestaltete Rundwege, "Sr. Dr. Maria Klara Fietz-Weg", "Frieda von Mikola - Sophie von Scherer-Weg", "Maria Schuber - Margret Bilger-Weg", der Öffentlichkeit anhand konkreter Lebenswege und Wirkfelder die bewegte Geschichte und facettenreichen Leistungen von Grazer Frauen zugänglich. Es handelt sich dabei um Frauen, die von der Sprengkraft der Mystik und der Religionen befähigt waren und wesentlich zur kirchlich-gesellschaftlichen Entwicklung beigetragen haben.

* Der "Sr. Dr. Maria Klara Fietz-Weg" führt die Teilnehmenden auf die Spur von Frauenklöstern, weiblicher Spiritualität und Ordensgründerinnen.

* Der "Frieda von Mikola - Sophie von Scherer-Weg" erinnert an die kirchlichen, (sozial-)politischen sowie gesellschaftlichen Leistungen von religiös-bewegten Grazerinnen.

* Der "Maria Schuber - Margret Bilger-Weg" erschließt das Leben und Wirken von Schriftstellerinnen und Künstlerinnen.

Frauenprojekte WOMENT!

Das Projekt "FrauenWEGE" ist eines der zehn WOMENT!-Netz-Produktionen des feministischen Gesamtprojektes der Kulturhauptstadt Graz 2003. Das Ziel von WOMENT! ist es, Wissen über Frauen, Frauengruppen und für Frauen wichtige Ereignisse in, aus und um Graz zu vermitteln, damit die Geschichte von Frauen in Graz sichtbar wird.

Weitere WOMENT!-Netz-Produktionen sind unter anderem die 23 Gedenktafeln von "20+3 ORTE" für herausragende und "widerständige" Frauen und Frauengruppen, der "Infopoint" im Stadtteilcafe Palaver oder die "Superfrau", die für WOMENT! durch Graz schwebt.

Dass WOMENT! wirklich ein Netz ist, zeigt etwa, dass der "Maria Schuber - Margret Bilger-Weg" in der Kapelle Maria von Magdala endet, dem ersten Sakralraum in Graz, der zur Gänze von einer Künstlerin - Minna Antova - gestaltet wurde. Diese Kapelle ist gleichzeitig ein Ort von "20+3 ORTE".

Die Autorin ist Religionslehrerin an der Grazer International Bilingual School.

INFORMATIONEN:

Die Begehung der FrauenWEGE ist für angemeldete Gruppen bis November möglich. Sie werden von Fachfrauen begleitet. Die Teilnahme an den 90 Min. dauernden FrauenWEGEN ist kostenlos. Infos: Kath. Frauenbewegung, 8010 Graz, Bischofpl. 4, 0316/8041-127. www.graz-seckau.at/kfb/frauenwege.asp

Infos zu WOMENT!: www.woment.at

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