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Nm Rahmen der (kirchlichen) Jahresfeste gibt es nicht nur ein Absterben von Bräuchen, verständlich wenn ihnen ihre ursprüngliche Grundlage abhanden gekommen ist, es kommt auch zu einem Wiederbeleben alter oder zum Entstehen neuer Bräuche. Dabei gelten Bräuche meist als folkloristische Veranstaltungen mit engem Dorfhorizont.

Im Widerspruch zu dieser Einschätzung stehen jedenfalls die Sternsingeraktion der Katholischen Jungschar, ein wiederbelebter Brauch mit Welthorizont und der CSI-Schweigemarsch für verfolgte Christen, der schon seit bald zwei Jahrzehnten in Wien jeweils am Freitag zwei Wochen vor dem Karfreitag stattfindet.

Dieser neue Brauch wird der Grundidee der österlichen Bußzeit gerecht, die ja nicht auf private Übungen reduziert werden darf. Angesichts der himmelschreienden Qual, die Verfolgte - und auch verfolgte Christenmenschen erleiden, ist in einer marktschreierischen Gesellschaft öffentliches Schweigen der ausdrucksstärkste Versuch, Aufmerksamkeit zu erzielen und für die Anliegen der Betroffenen einzutreten. Wer Verfolgte betreut hat weiß, wie wichtig für diese die Gewissheit ist, nicht vergessen zu werden.

Aber nicht immer wenn Christen verfolgt werden, handelt es sich um eine Christenverfolgung, Nicht jeder verfolgte Christ wird wegen seines Glaubens verfolgt. So hat die Wiener Kirchenzeitung in den fünfziger Jahren immer wieder von der Verfolgung der Katholiken in Südafrika berichtet.

Völlig vergessen hat sie aber zu erwähnen, dass es sich bei diesen Katholiken ausnahmslos um Schwarze handelte, die Opfer der Apartheid waren. Heute finden wir eine Berichterstattung, die politische Fragen völlig ausklammert, mehr als bedenklich. Bei den CSI-Schweigemärschen geschieht es nicht mehr.

Martin Jäggle ist Professor an der Religions-pädagogischen Akademie Wien und Autor von Religionsbüchern. Zusätzlich engagiert er sich in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit.

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