Helmut Wobisch, zum Beispiel

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Kennen Sie Helmut Wobisch? Sie wohnen vielleicht sogar am Helmut-Wobisch-Weg oder in der Wobisch-Straße? Auch ein Helmut-Wobisch-Gedächtniswettbewerb hält das Andenken an diesen Trompeter, Gründer und Leiter des Carinthischen Sommers wach, dessen Wirken in der II. Republik mit Ehrentitel (Professor 1958) und Großem Ehrenzeichen (1967) gewürdigt wurden. Doch wer kennt schon die dunkle Seite? Jetzt dokumentiert sie die Ausstellung der Wiener Staatsoper zum Anschluss 1938. Opfer und Täter werden in einen räumlichen Zusammenhang gestellt, wie er beklemmender nicht sein könnte. Auch da begegnet uns der Staatsopernmusiker Helmut Wobisch: als illegales Mitglied der NSDAP seit 1933, als Ausbildungsleiter der Wiener Hitlerjugend und als SS-Unterscharführer seit 1934.

Besonders verwerflich ist, dass Helmut Wobisch als SD-Spitzel des Reichssicherheitshauptamtes seine Mitmenschen ans Regime verraten und damit Existenzen zerstört hat. Denn mit einer pervertierten Gründlichkeit wurden gleich nach dem 11. März 1938 Juden und Gegner des Regimes aus Funktionen entfernt: bei der Staatsoper nicht nur Prominente wie Bruno Walter, sondern auch zahlreiche Sänger, Dirigenten, Choristen, Tänzer und Balletschülerinnen. Folgerichtig war deshalb Wobischs Entlassung aus dem Staatsoperndienst, als der braune Spuk vorüber war. Nicht nachvollziehbar und überraschend schnell der Wiedereinstieg dieses Nazis im Staatsopernorchester 1950. Es folgen ein Lehrauftrag an der Musikakademie und viele Meriten des demokratischen Österreich.

Staatsoperndirektor Ioan Holender und die Ausstellungsmacher halten der II. Republik damit einen Spiegel vor. Zweifelhafte Vorbilder verstellen bis heute den Blick auf die Opfer, denen oft keine Straße, kein Weg, kein Wettbewerb gewidmet ist.

Der Autor ist Rektor des Abraham-Geiger-Kollegs in Potsdam.

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