Indische Religionsweisheit

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Bettina Bäumer, Indologin und Vorreiterin eines hinduistisch-christlichen Dialogs, legt ihre wissenschaftlichen Arbeiten zum kaschmirischen ´Sivaismus vor.

In der Salzburger Dombuchhandlung stellte die Indologin Bettina Bäumer ihr neuestes Buch über den kaschmirischen ´Sivaismus vor. Im schwarz-roten indischen Sari, ein ´Siva-Amulett um den Hals, unprätentiös und freundlich erzählt sie den Besuchern von ihrer zweiten Heimat. Keine Aussteigerin sei sie gewesen, sondern als christliche Theologin mit dem Willen zum Dialog kam sie 1963 erstmals nach Indien, in das sie sich sofort verliebte. Lange vor der Hippiewelle nahm sie oft als einzige Europäerin, als einzige Frau an hinduistischen Ritualen teil. Dass sie als Indologin, die religiöse Traditionen richtig versteht und wiedergibt, von spirituellen Meistern Indiens anerkannt wird, bedeutet ihr mehr als so manche europäisch-wissenschaftliche Ehrung. Ihre persönliche Suche fand Erfüllung, als sie den kaschmirischen ´Sivaismus entdeckte, den sie als subtilste, am höchsten entwickelte Religionsphilosophie empfindet.

Wie der Name schon sagt, handelt es sich um eine Richtung des ´Sivaismus, die in Kaschmir ihren Ursprung hat, jedoch nicht auf diese Region begrenzt ist. Der ´Sivaismus generell, eine der Haupttraditionen hinduistischer Religiosität, reicht bis in die Indus-Kultur 2500 v.Chr. zurück. Doch erst ab dem 5. Jahrhundert n.Chr. finden sich erste schriftliche Niederlegungen, die Offenbarungen ´Sivas. Der Beginn des kaschmirischen ÇSivaismus liegt im 6. Jahrhundert. Von der ursprünglich reichhaltigen Literatur sind viele Texte verloren gegangen, der Rest wurde erst im 20. Jahrhundert publiziert und ab 1950 auch einer europäischen Leserschaft zugänglich gemacht.

Dreiheit: ´Siva, ´Sakti, Nara

Der im 10./11.Jahrhundert lebende Poet, Dramaturg, Ästhetiker und Mystiker Abhinavagupta gilt als größte Meister der Schule, da er verschiedene Strömungen in einer Synthese zusammenfasste. Bettina Bäumer hat vor allem seine Schriften studiert und übersetzt.

Gott ´Siva ist das höchste transzendente Wesen, ´Sakti seine Energie, sein Handeln in der Welt, und Nara der Mensch, das begrenzte Wesen, die geschaffene Wirklichkeit. Diese Dreiheit, Trika, bildet die Grundlage des kaschmirischen ´Sivaismus. Inhaltlich geht es in den Tantras, den Schriften, um den spirituellen Weg zur Gotteserkenntnis und inneren Befreiung. Meditation, Konzentration, Gebet, Opfer und Ritual sind die Mittel dazu.

Bäumers Buch ist eine Zusammenstellung ihrer früheren wissenschaftlichen Artikel, in denen wichtige Elemente wie Guru, der Lehrer, Mudra, die mystische Geste, Vayu, der Lebensatem, ´Sakti, die göttliche Energie oder ´Sunya, die Leere, thematisiert sind. Im Epilog äußert sich Bäumer, wie die Kenntnis des kaschmirischen ´Sivaismus den Dialog und die Begegnung zwischen Hinduismus und Christentum befruchten kann, indem sie den zentralen hinduistischen Begriffe christliche Äquivalente gegenüberstellt.

So ambitioniert das Buch aufbereitet ist, bleibt doch sein großer Nachteil, dass es im wissenschaftlichen Duktus gefangen ist, und für Laien, die nicht in indischer Religionsphilosophie bewandert sind, nur schwer verständlich sein wird.

Trika: Grundthemen des Kaschmirischen ´Sivaismus

Von Bettina Bäumer. Verlag Tyrolia (Salzb. Theol. Studien Bd. 21), Innsbruck 2003, 215 S., kt., e 25,70

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