Inhaltssicherer Wahlkampf

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Eins vorweg: Ich leide unter Verständnisschwierigkeiten, vielleicht gar Verständnislosigkeit, wenn es ums Kapieren mancher Werbebotschaften geht. Auf der Rückfahrt vom gelsenreichen Rust nach Wien grüble ich, was der Besitzer jenes Schanigarten uns sagt, den er als "gelsensicher“ bewirbt. Geschieht dort keiner Fliege was zuleide? Oder können die Besucher sicher sein, dort auf jeden Fall diese Spezies zu treffen? Oder ist es doch nur das Versprechen, dass Gäste vor den Blutsaugern sicher seien? Kann ich das glauben und wie sieht es dann mit den "schneesicheren Skigebieten“ aus?

Bei der Stadteinfahrt Wien werde ich auf großen Plakaten aufgefordert, die 1,7 Millionen Gehirne zu nutzen, die Wien angeblich hat. Tolle Sache. Wenn mir jetzt noch wer erklärt, wie ich diese Zahl an Gehirnzellen aktiviere, verstehe ich vielleicht, warum ein Politiker sich allein dadurch qualifiziert, dass er aufrichtig ist und Frank heißt. Ist ja ein schöner Name, kein so abgekürzter Doppel-Vornamen-Schnickschnack wie H.-C.. Aber ist er schöner als Werner, Michael, Eva oder Matthias? Und das mit der Aufrichtigkeit hat es in sich: Ich erinnere mich dunkel, dass diese Eigenschaft mal als Grundvoraussetzung für politisches Wirken galt. Falls damit gemeint sein sollte, dass einer frank, frei und aufrichtig zugibt, dass er kein ausgereiftes Wahlprogramm hat und keine Ahnung davon, wie er aus seinen obskuren Euro-Thesen wieder rauskommt, erreicht mich diese Wahlwerbung auch nicht.

Dann gibt es noch die ruhige Hand in stürmischer Zeit. Stürmische Zeit spricht mich voll an. Leider als Seglerin und nicht als Politologin! Vielleicht ja noch als Deutsche. Weil in meiner Heimat der Wahlkampf mit genauso viel Leidenschaftslosigkeit ausgetragen wird wie hier. Oder in Anlehnung an den Schanigarten: "Willkommen im inhaltssicheren Wahlkampf!“

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD in Wien

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