"Man kann Gott immer bitten!"

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Pero Aracic, Pastoraltheologe im ostkroatisc hen Djakovo, über Ehe- und Familienpastoral sowie den Umgang mit Geschiedenen."

Die Furche: Was soll die Kirche in Bezug auf Familie vordringlich tun?

Pero Aracic: Zuerst muss man in der Kirche Ehe und Familie ernst nehmen: Ehevorbereitung und -begleitung müssen Kern der Pastoral werden. Zweitens sollten die Priester, diejenigen also, die die Pfarrgemeinden führen, die Familie als Träger der Pastoral wahrnehmen. Auch das Direktorium für Ehe und Familienpastoral, das die kroatische Bischofskonferenz verabschiedet hat, verfolgt diese Linie. Bei seinen drei Kroatien-Besuchen hat auch der Papst betont, dass die Familie die Mitte der Pastoral ist. Es muss noch mehr in Richtung Begleitung von Ehe und Familie geschehen. Aber wo? Meiner Meinung nach muss sich diese Pastoral auf Pfarrebene verwirklichen. Die Pfarre sollte die Kraft dazu haben - insbesondere für Familien mit Schwierigkeiten, mit behinderten Kindern usw. da zu sein.

Die Furche: Kroatien hat eine sehr niedrige Geburtenrate: Hat da nicht auch die Familienpastoral versagt?

Aracic: Ich habe vor einigen Jahren den Mut gehabt, hier in Zagreb offen zu sagen: Die Kirche muss sich da mitverantwortlich fühlen! Es ist Tatsache, dass unsere Ehe- und Familienpastoral nicht genügend entwickelt ist. Jetzt ist eine Strategie nötig: Im Mittelpunkt davon sollte eine Optionen für Ehe und Familie stehen. Ein Kern dieser Strategie ist das erwähnte Direktorium, aber das muss konkretisiert werden: Die Bischofskonferenz hat das Direktorium veröffentlicht, jetzt sollte es jeder Diözesanbischof in die eigene Diözese übernehmen - das hat bis jetzt nur ein Bischof getan! Da ist also noch viel zu tun.

Die Furche: Ein anderes Problemfeld ist die Pastoral mit Geschiedenen und Wiederverheirateten.

Aracic: Das ist für die Kirche eine schwierige Frage. Persönlich meine ich, dass jede Pfarre zuerst herausfinden soll, wo die Betroffenen sind und wer sie sind. Man sollte sich dann treffen und über ihre Themen und Bedürfnisse reden. Dabei sollte man die Sakramente sehr "breit" betrachten: Auch wenn geschiedene Wiederverheiratete nicht zur Kommunion gehen können, soll das nicht heißen, dass sie aus der Messe "hinausgeworfen" sind. Man sollte ihnen zuerst die Freundlichkeit Gottes für jeden Menschen zeigen - durch die Christen, durch gelungene Ehen - und mithelfen, dass sie sich wohlfühlen - auch wenn wir diese Sache noch nicht zu lösen wissen.

Die Furche: Aber Sie hoffen, dass das einmal zu lösen ist?

Aracic: In den letzten 100 Jahren ist die Kirche immer mehr gereift: Ich hoffe auf den Heiligen Geist, ich hoffe, dass wir eine Lösung finden. Aber zuallererst müssen wir mit diesen Menschen in Kontakt treten. Oft sagen sie: Endlich will meine Kirche mit mir reden! Solche Treffen sind also sehr wichtig, selbst wenn wir für geschiedene Wiederverheiratete bei der Sakramentenzulassung noch keine Lösung anbieten können. Außerdem: Der liebe Gott ist nicht mit der materiellen Beichte verknüpft, um Sünden zu verzeihen! Man muss den Leuten sagen, dass sie Gott immer um Verzeihung bitten können!

Das Gespräch führte

Otto Friedrich.

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