Werbung
Werbung
Werbung

Der Lehre des griechischen Philosophen Plato liegt die Vorstellung zugrunde, dass hinter jedem Ding und jedem Begriff eine "Idee" stehe, ein Ewiges, das nicht entsteht und nicht vergeht, und das sich auch nicht wandelt. Die "höchste Idee" aber sei die Wahrheit, die gleichzeitig das Gute und Schöne sei. Für Plato entstehen die Kunstwerke und die Erkenntnisse der Wissenschaften durch mimesis - "Nachahmung" der Ideen. In diesem Nachgeahmten scheine, so Plato, die Idee durch das sinnlich Wahrnehmbare hindurch, was beim Betrachter angenehme, erhebende und tröstende Gefühle erzeuge.

Auf die Wissenschaft angewendet heißt dies, dass eine Erkenntnis um so wahrer sei, je ähnlicher sie der Idee ist, welche hinter dieser Erkenntnis liegt. Dieser Vorstellung von einer höchsten Idee entsprechend bezeichneten die griechischen Mathematiker-Philosophen die Lösung eines Problems dann als "schön", wenn sie klar und einsichtig war und so ihrer Meinung der Idee nahe kam.

Auf heute angewendet eröffnet sich daraus eine ernüchternde Perspektive: die Beziehungslosigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis zu den Ideen. Denn Faktum ist: Wissenschaft ist nicht in der Lage, die Gefühle zu heben oder gar zu trösten. Die Medizin hat es zum Beispiel möglich gemacht, die schwersten Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Wenn aber einmal ein bestimmtes Krankheitsstadium erreicht ist, kann sie nur noch die Restlebenszeit vorherzusagen versuchen. Aber sie kann - weil ohne Bezug zur Idee dahinter - keine Perspektive für danach geben. Wo ist da also der Fortschritt? Die Religion hingegen, aus wissenschaftlicher Sicht das Alte, Unveränderliche, gibt Perspektiven über das Leben hinaus, und deshalb kann sie trösten

Der Autor ist Wissenschaftlicher Direktor der Joanneum Research Forschungsgesellschaft in Graz.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung